2. Altenhilfekongress: MDK muss unabhängig werden
Die Kostenträger könnten nicht gleichzeitig die Institution für ihre Kontrolle verantworten. "Da glaube ich nicht an die Unabhängigkeit", sagte Laufmann. In einem künftigen Aufsichtsgremium dürfe es weder Vertreter der Krankenhäuser noch der Krankenkassen geben. Mittlerweile begutachte der MDK jährlich in NRW eine halbe Million pflegebedürftige Menschen und kontrolliere 30 Prozent der Krankenhausrechnungen.
Vor 300 Vertretern und Mitarbeitenden aus Verbänden und Einrichtungen der Caritas in der Diözese Münster wandte sich Laumann auch gegen die "Misstrauenskultur" in der Altenpflege, in der jeder Fehler gleich zum Skandal werde. "Wir müssen an einer Fehlerkultur arbeiten", forderte er. Nur dann könne man ohne Angst arbeiten und unterliege nicht der Versuchung, Fehler zu vertuschen. Der Abschied von den Pflegenoten und die Einführung einer neuen Form der Qualitätsprüfung in der Altenhilfe sollte nach Laumanns Ansicht für einen Neuanfang genutzt werden. Er lobte das Engagement des Diözesancaritasverbandes Münster in der Erarbeitung des neuen Systems.
25 Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung sieht Laumann die Altenhilfe gut aufgestellt. Aber sie stehe vor gewaltigen Herausforderungen angersichts des Bedarfs von 3.000 zusätzlichen Pflegekräften pro Jahr. Mehr Auszubildende müssten gewonnen werden. Hier trat der Minister dem gängigen Vorurteil geringer Bezahlung entgegen. Tatsächlich sei die Vergütung die zweithöchste aller Lehrberufe.
Die Zuzahlungen der Bewohner in den nordrhein-westfälischen Altenheimen seien die höchsten in Deutschland. Aber das sei vor allem auch der hohen Tarifbindung durch den großen Anteil freigemeinnütziger Träger wie der Caritas in NRW geschuldet. Über diese Struktur sei er sehr froh und "dabei sollten wir bleiben", erklärte Laumann.
Jetzt müsse es darum gehen, den Umschwung zur generalistischen Pflegeausbildung zu schaffen. Da gelinge die Zusammenarbeit zwischen Pflegeschulen und Krankenhäusern noch nicht im gewünschten Maß, so Laumann. Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann betonte, dass die Caritas dafür auf regionaler Ebene runde Tische gebildet habe, um die Kooperationen zu verbessern.
Kessmann bedauerte die pauschale Kritik an der Altenpflege, die ständig und jüngst wieder in einem ZDF-Beitrag geäußert werde. Das habe durchaus negative Folgen für die Gewinnung neuer Mitarbeitender. Dass es auch der persönliche Blick auf den Arbeitsalltag ist, ob er als überwiegend belastend oder eher erfüllend erlebt wird, lernten die Teilnehmenden von Moderator und Comedian Felix Gaudo. Humor sei der Schlüssel für ein gesundes und erfülltes Leben. Es gehe darum, immer wieder Begeisterung zu schaffen und im Team ein Wir-Gefühl zu erzeugen. Im Alltag bestehe immer die Gefahr, in negatives Denken abzurutschen: "Aber das verändert auch negativ", warnte Gaudo. Humor sei dabei eine kreative Kunst, die man trainieren könne.
Wie das gehen kann, war nur eines von vielen aktuellen Themen, die die Teilnehmenden in 23 Workshops miteinander diskutierten. Der Bogen wurde gespannt von den Expertenstandards in der Pflege über die neue Qualitätsprüfung bis hin zu Finanzierungsfragen und dem Umgang mit Emotionen in schwierigen Situationen.
Unter dem Dach der Caritas in der Diözese Münster wohnen alte und kranke Menschen in 205 Altenheimen und werden von Mitarbeitenden in 100 Sozialstationen ambulant gepflegt und in 100 Tagespflegen betreut.
037-2019 (hgw) 15. Mai 2019
Begrüßung des Caritasdirektors
Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann benannte in seiner Begrüßung drei zentrale Themen, denen sich die Altenhilfe derzeit stellen muss: Die Qualität in der Pflege, die Gewinnung von Fachkräften sowie die Digitalisierung.
Kessmann freute sich, dass der Diözesancaritasverband und seine Mitgliedseinrichtungen mit dem Projekt "Ergebnisorientiertes Qualitätsmodell Münster - EQMS" an der Entwicklung des neuen Systems der Qualitätssicherung und Qualitätsprüfung mitgewirkt haben. Ende dieses Jahres wird das neue Qualitätsmesssystem, auf das sich die Pflegeeinrichtungen derzeit intensiv vorbereiten, bundesweit eingeführt werden.
Die Gewinnung und Ausbildung einer ausreichenden Anzahl von Fachkräften in der Pflege konkretisiere sich derzeit bei der Umstellung auf das Pflegeberufegesetz, nach dem künftig sämtliche Pflegefachberufe zusammen ausgebildet werden, erklärte der Caritasdirektor weiter. Mit der Initiierung von "Runden Tischen" mit den regionalen Trägern der Ausbildungsstätten sei der Diözesancaritasverband bemüht, alle vorhandenen Ausbildungsplätze zu erhalten, um die Pflegeausbildung und damit auch die Altenhilfe zukunftsfest zu machen.
Als dritte zentrale Herausforderung nannte Kessmann die Auswirkungen der Digitalisierung in der Pflege. Hierbei möchte der Diözesancaritasverband seine Mitgliedseinrichtungen, unter anderem - in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Münster - durch die Juniorprofessur von Dr. Gesa Linnemann unterstützen.
Neues System der Messung der Pflegequalität
Dr. Klaus Wingenfeld vom Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld ging näher auf das neue System der Messung der Pflegequalität ein. Demnach werden künftig die Pflegeeinrichtungen an den Durchschnittswerten verschiedener Indikatoren gemessen, etwa Mobilität oder die Selbstständigkeit eines Bewohners bei seiner Versorgung. Zentral sei dabei die Frage, wie gut es jeder einzelnen Bewohnerin und jedem einzelnen Bewohner in der stationären Einrichtung geht. Daher werden bei der hausinternen Prüfung auch sämtliche Bewohnerinnen und Bewohner in die Qualitätsmessung einbezogen. Die Ergebnisqualität einer bestimmten Einrichtung liegt dann über oder unter dem Durchschnitt des Wertes aller einbezogenen Einrichtungen.
Die ermittelten Werte werden dann im Rahmen des Qualitätsmanagements in jeder Einrichtung regelmäßig vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) nach einem bestimmten Verfahren auf ihre Plausibilität hin überprüft. Die Ergebnisqualität der Indikatoren dient dann im Dialog mit den Prüfern vom MDK als Grundlage der Bewertung. Damit stärke der Indikatoren-Ansatz die interne Qualitätssicherung und weise den Einrichtungen eine aktive Rolle bei der Qualitätsmessung und dem Qualitätsmanagement zu, betonte Dr. Wingenfeld. "Mit der Entwicklung des Indikatoren-Ansatzes bekommt die Fachlichkeit der Mitarbeitenden wieder einen höheren Stellenwert."
Beratungsorientierter Prüfansatz
Jürgen Brüggemann, Prüfer des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), erklärte das neue Prüfsystem und die Abläufe in den jeweiligen Einrichtungen aus Sicht des MDK. Dabei lägen die Vorteile der neuen Qualitätsprüfung vor allem darin, dass der zentrale Fokus auf der Versorgungsqualität der pflegebedürftigen Menschen liege und dafür alle Lebensbereiche erfasst würden, so Brüggemann.
Zentrale Beurteilungsgrundlage seien die stichprobenartige Inaugenscheinnahme von sechs Bewohnerinnen und Bewohnern und das Fachgespräch mit den Bezugspflegekräften. Dadurch werden der fachliche Austausch und der beratungsorientierte Prüfansatz gestärkt. "Damit ergänzt die externe MDK-Qualitätsprüfung die interne Erhebung und ist wichtiges Element der Qualitätssicherung", so Brüggemann.