Sollte es doch zu kompliziert werden, kennen sie die hauptamtlichen Dienste und vermitteln weiter. Seit bald 20 Jahren ist der Sozial-Punkt erste Anlaufstelle für die Recker Bürger, egal ob sie Geldsorgen haben, einen Pflegeplatz suchen, Probleme in der Familie oder mit Behörden haben. "Wir sind der gute Nachbar, der Hilfe vermittelt", bringt es Gabi Raschke (70) auf den Punkt, die seit 2003 von Anfang an dabei ist.
Das bewährte Modell hat der Fachberater Gemeindecaritas Johannes Rott (63) bei der Caritas Ibbenbüren längst auf Hopsten, Hörstel und Mettingen übertragen. Wobei die Idee dazu aus dem ersten Sozial-Punkt im Tecklenburger Land in Ibbenbüren erwuchs. Der wurde im Jahr 2000 gegründet, weil die hauptamtliche Schuldnerberatung des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) völlig überlastet war. Entlastung brachten die Freiwilligen, die die Rechnungen oder Darlehnsverträge, manchmal im Schuhkarton gesammelt, schon mal vorsortierten.
Verschuldung spielt auch heute noch eine große Rolle. Reinhold Ungruhe (67) hat es im Tätigkeitsbericht für 2021 mit einem Anteil von 15,2 Prozent akribisch aufgelistet. Aber die meisten Ratsuchenden kamen in das Büro im Altenheim Homeyers Anger mit Fragen zu Gesundheit und Pflege. Erst einmal gibt es keine Frage, der sich das Team aus neun Ehrenamtlichen nicht annimmt. Manchmal reichen fünf Minuten, bei komplexeren Fällen auch eine Stunde und, wenn nötig, wird ein Hausbesuch gemacht.
Eher unüblich für das Ehrenamt ist das Geschlechterverhältnis praktisch ausgeglichen. Alle Teammitglieder sind gut vernetzt im Ort und können Kompetenzen aus dem Berufsleben einbringen. Gabi Raschke ist Bankkauffrau, hat Betriebswirtschaftslehre studiert und Kenntnisse in Buchführung. Marlies Kiffmeyer (78) war Kundenberaterin bei der Sparkasse und hat einige Jahre nach dem Tod ihres Mannes das familieneigene Sägewerk geleitet. Reinhold Ungruhe ist Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik, viel in der Welt herumgekommen und hatte mehrfach Personalverantwortung.
Trotzdem ist das nicht nur für Ungruhe ein neues Erfahrungsfeld. Neue Mitglieder hospitieren deshalb erst einmal ein halbes Jahr. Zudem gibt es ständig Teambesprechungen, Fortbildung und einmal jährlich Supervision. Was das Team sehr schätzt, ebenso wie die Möglichkeit, in der Regel zu zweit zu sein. "Das gibt guten Rückhalt", sagt Marlies Kiffmeyer. Für Gabi Raschke ist das besonders wichtig, wenn es um Kinder geht: "Dann weiß ich meist nicht weiter, weil ich so betroffen bin".
Alle sind mit dem Herzen dabei und dann kommt es auf eine Stunde nicht an. Die Sprechstunden, immer montags und einmal im Monat dienstags zwei Stunden, erscheinen erst einmal übersichtlich, da ist jeder auch nur einmal in vier Wochen "im Dienst". Aber dann kommen eben die Hausbesuche dazu, werden Ratsuchende zu Ämtern begleitet, Praktika bei Firmen gesucht und vermittelt sowie all die Treffen, die den Zusammenhalt stärken und die Kenntnisse erweitern.
Die Sorge, ob die Menschen überhaupt kommen, hatte sich nach der Gründung schnell erledigt. Befürchtet wurde auch, dass sich in der überschaubaren Kommune die Ratsuchenden nicht in den Sozial-Punkt trauen. Aber wer das Altenheim betritt, wird nicht als Besucher des Büros gleich links vom Eingang identifiziert. An der Eingangstür hängt zudem ein austauschbares Schild mit den Namen der Ehrenamtlichen, die gerade im Dienst sind. "Damit man nicht gleich auf seine Nachbarin trifft, wenn man das nicht möchte", erklärt Gabi Raschke.
Überhaupt hat das Team über die Jahre sein Angebot und die Arbeitsschritte immer weiter entwickelt. Da gibt es den "persönlichen Ordner", der bei wiederholten Besuchen schon mal die Grunddaten bereit hält. Gut nachgefragt sind die Notfall- und die Pflegeratgeber-Mappe. Für die Beratung zum Thema Schulden hat das Team den Haushaltsplan im Angebot. Immer wird natürlich auf Datenschutz geachtet und ist Verschwiegenheit ist das höchste Gebot.
Hilfreich ist die gute Ausstattung des Sozial-Punkt-Büros, in dem Anträge eingescannt und kopiert werden können. Der runde Besprechungstisch ist coronakonform mit Plexiglas geteilt. Zwar ist manche Beratung in den vergangenen zwei Jahren telefonisch erfolgt, aber erreichbar war das Team immer. Tatsächlich listet Reinhold Ungruhe 62 Sprechstunden für 2021 auf und hat 169 Ratsuchende gezählt. Nebenbei hat sich das Team selbst in Besprechungen per Video eingefuchst.
Beeinträchtigt hat Corona die Hilfe dabei schon. In manchen Fällen, berichtet Ungruhe, seien Einspruchsfristen verstrichen. Dank guter Kontakte zu den Behörden sei es teilweise jedoch gelungen, sie zu verlängern.
Das Team des Sozial-Punkts ist eine eingeschworene Gruppe. Was nicht heißt, dass es keinen Wandel gegeben hat. So wie Reinhold Ungruhe vor fünf Jahren mit dem Wechsel in den Ruhestand dazu gekommen ist, hat es immer wieder neue Mitglieder gegeben.
Aber wie bei der Gründung sind es auch aktuell neun Freiwillige im Team. Für Johannes Rott war der Sozialpunkt Ergebnis eines Projekts. Ein Experiment, dass gelungen ist und sich gut entwickelt hat, freut er sich. Zum Beispiel, wenn es um Arbeitslosigkeit geht. "Manchmal habe ich den Eindruck, dass sie mehr vermitteln als die Arbeitsagentur", lobt Rott die Ehrenamtlichen. Wenn man sich kennt, lässt sich schon mal leichter erst einmal ein Praktikum mit einem Firmeninhaber vereinbaren.
028-2022 (hgw) 12. April 2022