Auf einer digitalen Welle: Seniorin Sabine W. und Sozialpädagoge André Stockmanns von youngcaritas.Foto: Carolin Kronenburg / Caritas im Bistum Münster
Auf die Frage, wie alt sie ist, antwortet Sabine W. mit "ziemlich". Die 79-Jährige hat Humor - und seit Anfang 2021 auch ein Tablet. Dass sie in ihrem hohen Alter noch einmal die Tür zur digitalen Welt aufmacht, das hätte sie nie gedacht. Die Tablet- und Handy-Schulung von youngcaritas in Moers hat es möglich gemacht. "Der Zugang zum Internet hat mein Leben verändert", sagt Sabine W. und tippt anerkennend auf ihr Tablet: "Ist schon toll, was da alles drin ist."
Google, Mediatheken, Nachrichten und Apps von Discountern erleichtern ihr Leben und verkürzen die Nächte, in denen sie - wie viele ältere Menschen - oft wach liegt. Zudem sei sie selbstbewusster geworden, weil sie jetzt mitreden könne. Und Spaß bereite das Tablet auch: An verregneten Tagen macht sie sich auf Youtube Jürgen von der Lippes Song "Guten Morgen, liebe Sorgen" an. Dann sei der Tag schon nicht mehr grau.
"Menschen in unserem Alter sind zwangsläufig alleine", sagt die Moerserin. Der Kontakt zu anderen finde heute immer mehr über digitale Wege statt; die Corona-Pandemie habe das noch einmal verstärkt. Dass junge Leute ihre Pommes fotografieren und posten, darüber muss die Alleinstehende schmunzeln. Aber selbst einmal ein schönes Foto machen und es per E-Mail an ihre Freundin Gerda zu schicken, sei großartig und zum täglichen Ritual geworden.
Der Anfang sei ihr allerdings nicht so leicht von der Hand gegangen. Ihre Generation sei mechanisch aufgewachsen - die neue Technik setze anderes voraus. "Man muss erst einmal üben, bis man das drauf hat." Das fängt beim Anschalten und Bedienen des Gerätes an, geht über die Einrichtung einer E-Mail-Adresse bis hin zum Installieren von Apps. Und auch die für viele selbstverständliche Sprache wie "ein Fenster öffnen" oder "etwas downloaden" musste sie erst einmal lernen.
Viel Geduld beim Erklären hat Marc Werder. Der 17-Jährige ist seit einem Jahr bei der Schulung mit dabei. "Mit einer Engelsgeduld", wie Sabine W. ihm bescheinigt. Sein Vater ist Programmierer und manchmal kenne er sich in der digitalen Welt besser aus als im Leben. "Mit anderen technische Probleme zu lösen, hilft mir klarzukommen", sagt Marc Werder. Weil er dabei die Alltagssorgen vergessen und genauso viel von den Seniorinnen und Senioren lernen könne wie sie von ihm. Der eher stille Jugendliche hat einen besonderen Draht zu der 79-Jährigen: "Frau W. ist sehr ehrlich und ich spreche mit ihr über viel mehr als nur das Tablet." Deshalb sei er auch ehrenamtlich mit dabei: "Damit sich unsere Welten verbinden."
Um die Teilhabe älterer Menschen während der Corona-Pandemie zu ermöglichen, hatte André Stockmanns vom Caritasverband Moers-Xanten die Handy- und Tablet-Schulung 2021 ins Leben gerufen. Sabine W. ist von Anfang an mit dabei. Mittlerweile gibt es zwei Gruppen mit jeweils sechs Seniorinnen und Senioren, die immer donnerstags im Augusta-Treff in Moers mit den Jugendlichen von youngcaritas zusammenkommen. "Eine individuelle Betreuung ist uns dabei ganz wichtig", sagt der 37-jährige Sozialpädagoge. Damit jede und jeder in seinem eigenen Tempo lernen und alle Fragen stellen könne. Stockmanns betont: "Wir wollen den Senioren Mut machen, dass sie den Weg in die digitale Welt schaffen, und Generationen miteinander ins Gespräch bringen."
Tablet- und Handy-Schulung für Senioren
Ort: Augusta-Treff, Augustastraße 7-9, 47441 Moers
Zeit: Jeden Donnerstag von 13 Uhr bis 14.30 Uhr und von 14.30 Uhr bis 16 Uhr
Ansprechpartner: André Stockmanns, Telefon: 02843 9710-0, E-Mail: andre.stockmanns@caritas-moers-xanten.de
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 68 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 110 Tagespflegen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
013-2023 (ck) 28. März 2023