"Für mich und für meine Kolleginnen im Caritasverband ist es ein großes Glück, dass es Filmemacherinnen wie Chiara Fleischhacker gelingt, in ihren Filmen einfühlsam für das Schicksal junger straffälliger Menschen zu sensibilisieren, die irgendwo ‚falsch abgebogen‘ sind. Der Film "VENA" erzählt von einer jungen drogenabhängigen Frau, die schwanger wird. Er macht wunderbar sichtbar, dass es Auswege auch in scheinbar ausweglosen Situationen gibt, wenn die Angebote der sozialen Arbeit rechtzeitig Türen offenhalten und Perspektiven auf ein besseres neues Leben anbieten," kommentiert Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa den Filmstart von VENA, dem Erstlingsfilm von Chiara Fleischhacker, der morgen in die Kinos kommt.
Eva Welskop-Deffaa ist gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Lisa Paus und weiteren Fachfrauen eingeladen, in der Kulturbrauerei in Berlin im Anschluss an den Film über die gezeigten Lebenswirklichkeiten zu diskutieren, von denen der Film erzählt. "Es geht darum, deutlich zu machen, dass unser Sozialstaat großartige Hilfen vorhält und wie wichtig es ist, dass diese Hilfen frühzeitig und dauerhaft angeboten werden," betont Welskop-Deffaa.
Familienhebammen sind Türöffnerinnen
VENA erzählt die Geschichte von Jenny, die ein Kind erwartet. Da sie ebenso wie ihr Freund eine Drogenkarriere hinter sich hat, ist die bevorstehende Geburt keineswegs ein unbeschwert freudiges Ereignis. Erst die Familienhebamme Maria findet Wege, der jungen Frau dabei zu helfen, ihre Ängste zu überwinden und die Verantwortung für ihr Kind zu übernehmen.
Der Film richtet das Augenmerk auf den zunehmenden Drogenkonsum in Deutschland und die Schwierigkeiten des Strafvollzugs. Rund 14 % der weiblichen Häftlinge verbüßen eine Ersatzfreiheitsstrafe, häufig wegen Bagatelldelikten wie Fahren ohne Fahrschein. "Der Unrechtsgehalt solcher Taten ist oft gering, gleichzeitig münden sie für viele junge Menschen ohne Geld nicht selten direkt im Gefängnis. So auch bei Jenny, deren Lage sich mit der Haftstrafe noch einmal dramatisch zuspitzt. Wir brauchen für Menschen wie Jenny eine gute Zusammenarbeit von Justizvollzug, Jugendhilfe und Sozialarbeiter_innen, die sich als Türöffnerinnen verstehen", unterstreicht Welskop-Deffaa.
Vernetzte soziale Hilfen stärken
"In der aktuellen politischen Lage, in der auf allen Ebenen an der sozialen Infrastruktur gespart wird, ist "VENA" ein Weckruf," so Welskop-Deffaa. "Der Film macht deutlich, dass es vernetzte Angebote braucht, um zu helfen und dass man nicht einfach an einer Stelle die Hilfekette abschneiden kann." Im Caritasverband sind es besonders die Babylotsinnen, die unmittelbar nach der Geburt eines Kindes jungen Müttern in belastenden Situationen helfen und ihnen den Weg in das Angebot der frühen Hilfen ebnen. "Immer noch fehlt eine gesetzliche Grundlage ihrer Finanzierung. Ich bin Bundesfamilienministerin Paus sehr dankbar, dass sie sich mit Nachdruck für eine Verbesserung der Situation, die für Frauen belastend sein kann, einsetzt," betont die Caritas-Präsidentin.
Hintergrund: Zahlen und Fakten
- Frühe Hilfen: In 97 % der Kommunen gibt es Angebote durch Familienhebammen. Dennoch fehlt eine flächendeckende Versorgung. Frühe Hilfen" bieten Familien mit Kindern von 0 bis 3 Jahren Beratung und Unterstützung und spielen eine wichtige Rolle beim Kinderschutz. Zu den Angeboten der "Frühen Hilfen" gehören Familienhebammen, ehrenamtliche Familienpatinnen, Babylotsinnen und Besuchsdienste in Geburtskliniken.
- Babylots_innen: Im Jahr 2023 haben Babylotsinnen in Geburtskliniken 36.805 Familien unterstützt. Derzeit arbeiten Babylotsinnen an über 96 Geburtskliniken in 13 Bundesländern. Aber nicht jede Klinik kann dieses Angebot umsetzen, da es dafür keine Regelfinanzierung gibt.
- Frauen im Strafvollzug: Zum Stichtag 31.03.2023 befanden sich 2.590 Frauen in Haft, von denen zwei Drittel Mütter sind. Nur 160 Mutter-Kind-Plätze stehen bundesweit zur Verfügung.
- Ersatzfreiheitsstrafen (EFS): Rund 14 % der weiblichen Häftlinge verbüßen eine Ersatzfreiheitsstrafe. Ein Viertel aller Ersatzfreiheitsstrafen geht auf Fahren ohne Fahrschein zurück. Jeder zweite Haftantritt erfolgt für eine EFS.
- Suchtproblematik: Im Jahr 2023 gab es 2.227 drogenbedingten Todesfällen in Deutschland (neuer Höchststand). Kinder aus suchtbelasteten Familien haben laut DHS und National Institute on Drug Abuse (NIDA) ein bis zu dreifach höheres Risiko, psychische Probleme oder selbst Suchterkrankungen zu entwickeln. Die Caritas Suchthilfe (CaSu) vertritt bundesweit 110 Träger mit insgesamt 187 Einrichtungen.
27.11.2024, um 17.45 Uhr, in der Kulturbrauerei Berlin, Fachpanel zur Film-Premiere von "VENA" mit
Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend,
Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes e.V.
Christina Müller-Ehlers, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V., Dr. Christine Klapp, Leiterin und Gründerin von Babylotse an der Charité,
Dr. Anne-Katrin Wolf, LL.M., Fachanwältin für Strafrecht, Deutscher Juristinnenbund e.V. (djb),
Chiara Fleischhacker, Regisseurin
Hilly Škorić, Geschäftsführerin Hilf-Reich e.V. und ehemalige Intensivstraftäterin.