"Die Politik lässt die Krankenhäuser bisher alleine und nimmt wissentlich die Insolvenzgefahr vieler Einrichtungen in Kauf", beklagt Hopfenzitz. Das von der Bundesregierung beschlossene dritte Entlastungspaket sehe zwar Hilfen für energieintensive Unternehmen vor, die die Kostensteigerungen nicht weitergeben können, bleibe aber unkonkret. "Das Hilfspaket muss die gestiegenen Kosten in begründeten Fällen rückwirkend und voll umfänglich abfedern", so der Diözesancaritasdirektor. Aus diesem Grund schließen sich die katholischen Krankenhäuser im Bistum Münster den Forderungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in ihrer Kampagne "Alarmstufe Rot" an: Um Klinikschließungen und Einsparung beim Personal vermeiden zu können, fordert die DKG einen sofortigen Inflationsausgleich sowie die Zusage zu weiteren Corona-Hilfen für die anstehenden Monate.
"Die St. Franziskus-Stiftung Münster mit Ihren 15 Krankenhauseinrichtungen unterstützt nachdrücklich die Forderungen aller Deutschen Krankenhäuser nach einer finanziellen Abfederung der erheblichen Preissteigerungen", sagt Dr. Nils Brüggemann, Vorstandsvorsitzender der St. Franziskus-Stiftung Münster. Die energieintensiven Krankenhausbetriebe müssten für 2022 und 2023 mit Kostensteigerungen für Erdgas inklusive der Gasumlage um jahresdurchschnittlich bis zu 500 Prozent rechnen. "Sachkostensteigerungen im medizinischen Bedarf und erhöhte Stromkosten stellen eine zusätzliche Belastung dar", so Brüggemann. "Die hohen Energiekosten werden uns in Schwierigkeiten bringen", befürchtet auch der Geschäftsführer des Clemenshospitals und der Raphaelsklinik in Münster, Maik Büscher. Für 2022 werde für die beiden Krankenhäuser mit einer Verdoppelung der Kosten alleine für Strom von 1,3 Millionen Euro auf 2,6 Millionen Euro gerechnet. "Als Krankenhaus können wir die Kosten nicht weiterreichen. In Verbindung mit den Einnahmeausfällen wegen Corona sind Reserven schon jetzt fast aufgebraucht", sagt Büscher. Er fordert: "Wir brauchen Liquiditätszusagen vom Bund - jetzt!" Die Christophorus Gruppe mit Ihren vier Krankenhausstandorten im Kreis Coesfeld sei zwar nach wie vor solide aufgestellt, sagt Geschäftsführer Dr. Mark Lönnies. Die Energiepreisexplosion an den Märkten stelle aber auch sie vor eine unlösbare Aufgabe: "Drei Millionen Euro Mehrausgaben alleine für das Jahr 2022 sind im Vergütungssystem der Krankenhäuser nicht refinanziert und ohne Hilfen aus Berlin nicht zu schultern", betont Lönnies.
"Krankenhäuser sind durch ihre ununterbrochene Sicherstellung der Versorgung von Patientinnen und Patienten von Natur aus energieintensive Einrichtungen", erklärt Diözesancaritasdirektor Hopfenzitz. Laut einer bundesweiten Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts in Düsseldorf, an der sich 257 Krankenhäuser beteiligt haben, nutzen rund 90 Prozent Erdgas zum Heizen. Eine Möglichkeit, die Energieverbräuche im Herbst und Winter zu reduzieren, werde mehrheitlich nicht gesehen. Die Preissteigerungen betreffen zudem nicht nur die Energieversorgung, auch der Einkauf von Versorgungsgütern, Arzneimitteln und anderen Verbrauchsmaterialien ist deutlich teurer geworden.
"Aufgrund ihrer konfessionellen Trägerschaft müssen die katholischen Krankenhäuser im Bistum Münster die Preissteigerungen und das wirtschaftliche Risiko alleine tragen", sagt Hopfenzitz. Dahingegen würden die Fehlbeträge der städtischen Krankenhäuser aus kommunalen Töpfen ausgeglichen, die Defizite der Universitätskliniken würden vom Land Nordrhein-Westfalen getragen. Die Kostenexplosionen werden laut Hopfenzitz nicht im Fallpauschalensystem abgebildet und es besteht keine Möglichkeit, die vereinbarten Budgets mit den Krankenkassen nachzuverhandeln. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen könnten Kostensteigerungen auch nicht weitergegeben werden "Somit sei die Liquidität und damit auch die Existenz der Krankenhäuser in erheblicher Gefahr", warnt der Diözesancaritasdirektor. Ein Schutzschirm müsse zudem auch für alle sozialen Dienstleister wie Kitas, Pflegeheime und Beratungsstellen gespannt werden, die vergleichbare Probleme haben.
Der Diözesancaritasverband Münster vertritt und berät mit seinen rund 160 Mitarbeitenden in der Geschäftsstelle in Münster über 50 örtliche Verbände und rund 400 katholische Einrichtungen, in denen 80.000 Hauptamtliche und 30.000 Ehrenamtliche tätig sind. Er zählt damit zu den größten Diözesanverbänden in Deutschland.
74-2022 (ck) 6. September 2022