Pia Stapel, Direktorin der Caritas im Bistum Münster. Achim Pohl / Caritas im Bistum Münster
Deshalb appelliert Pia Stapel, Direktorin der Caritas im Bistum Münster, an die Politik: "Es braucht eine Reglementierung der Leiharbeit." Der Gesetzgeber sei gefordert, diese zu begrenzen. "Leiharbeitsfirmen müssen sich am ganzen System beteiligen, sprich Ausbildungskosten übernehmen", so Stapel in einem Interview mit dem Infodienst Caritas in NRW - AKTUELL. Arbeitskräfte, die über die Leiharbeit in die Einrichtungen kommen, seien viel teurer als die Festangestellten. Dieses Geld komme im Endeffekt aus den Pflegekassen. "Da wird eine Privatwirtschaft durch staatliche Gelder subventioniert", kritisiert die Diözesancaritasdirektorin.
Grund für den Wechsel zu Leiharbeitsfirmen seien die attraktiven Rahmenbedingungen: "Die Arbeitskräfte bekommen dort Wunschdienste, sie können sich aussuchen, zum Beispiel keine Nachtschicht mehr zu machen oder keine Wochenenddienste", beschreibt Stapel die Situation. Diese unbeliebten Dienste seien in der Betreuung von Menschen aber notwendig. "Es ist wichtig, das auf möglichst viele Schultern zu verteilen. Da kippt gerade etwas", warnt Stapel. "Es gibt die skurrile Entwicklung, dass Mitarbeitende, die aus der Einrichtung abgeworben wurden, über die Leiharbeit wieder in der selben Einrichtung arbeiten - dann aber zu ganz anderen Konditionen", weiß Stapel aufgrund einer Umfrage des Diözesancaritasverbandes in den ambulanten und stationären Altenhilfe-Einrichtungen der Caritas im Bistum Münster. "Wenn man immer mehr Leiharbeit in die Einrichtung holt, verschärfen sich die Bedingungen für die eigene etablierte Mitarbeiterschaft, die die schwierigen Dienste machen muss und die harten Anforderungen erfüllt", sagt Stapel. "Man hat Mitarbeitende erster und zweiter Klasse." Das reiße die Dienstgemeinschaft auseinander und das Solidarsystem nehme Schaden. "Das tut der Pflege nicht gut", betont Stapel.
Festangestellten mehr zu zahlen, sei nicht die Lösung. "Beim Gehalt sind wir mit der Caritasvergütung schon ziemlich weit oben", sagt die Diözesancaritasdirektorin. Damit grundsätzlich weniger Mitarbeitende zu den Arbeitsfirmen wechseln, müssen sich laut Stapel schlussendlich die Rahmenbedingungen der Arbeit verändern: "Die Pflege muss tatsächlich entbürokratisiert werden, der Prüfungswahnsinn muss ein Ende haben und der Zugang zum Pflegearbeitsmarkt muss für ausländische Kräfte weiter erleichtert werden."
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 68 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 110 Tagespflegen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
Das Interview mit Pia Stapel steht online unter: www.caritas-nrw.de.
001-2023 (ck) 24. Januar 2023