Werner braucht seit 18 Jahren keine Blockhütte mehr, weil er hier ein Dach über dem Kopf gefunden hat. Die ganze Vielfalt des Lebens in der Einrichtung für Wohnungslose stellten die Bewohner den Teilnehmern der Caritas-Jubiläumstour am Freitagnachmittag in kurzweiligen Sketchen dar.
Aus Anlass des 100jährigen Bestehens des Diözesancaritasverbandes besuchen Vorstand und Abteilungsleiter bis Dienstag sieben Tage lang Verbände und Einrichtungen im Bistum Münster mit langer Tradition. Roter Faden ist dabei die Entwicklung, mit denen sich die sozialen Arbeitsfelder immer wieder den Erfordernissen der Zeit angepasst haben. Wie die Teilnehmer erfuhren, steht auch Maria Veen vor der Notwendigkeit neue Wege zu gehen. Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann erklärte, dass der Verband nicht allein in Münster feiern, sondern vor Ort gehen wolle. Diese Erfahrungen seien hilfreich, wenn die örtlichen Interessen auf der politischen Bühne in Düsseldorf und Berlin vertreten werden müssten.
Die vielfältigen Probleme, vor die sich die 125 Jahre alte Zuflucht für "Reisende" aktuell gestellt sieht, wurden im folgenden Fachgespräch offensichtlich: Jüngere Wohnungslose mit geringerer Bildung, Drogensucht, der Trend zur Dezentralisierung und Integration... "Das Fundament, auf dem wir aufbauen konnten, fehlt heute", stellte Reinhard Heidemann fest, Leiter der Schwestereinrichtung der Katholischen Arbeiterkolonien in Westfalen St. Antoniusheim in Vreden.
Dabei gilt, wie Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann feststellte, dass jeder Mensch Kompetenzen hat. Nur, so Sabine Hülsmann, pädagogische Leitung in Maria Veen, braucht es heute oft deutlich länger, das Leben wieder in die Spur zu bringen: "Dasgelingt nur in kleinen Schritten." Diese Aufgabe wird nicht leichter durch die gewachsenen Strukturen einer großen, traditionellen Einrichtung auf dem Land. Dezentralisierung ist erforderlich, so Kessmann, habe allerdings ihre Grenzen. Wenn Bewohner sagen, dass sie hier gerne lebten, müsse das auch akzeptiert werden.
Die Öffnung nach außen und neue Ansätze gegen Sucht, die Kessmann für erforderlich hält, werden bereits angegangen. Maria Veen ist eine "nasse Einrichtung", sagte Bernhard Wegmann, pädagogischer Mitarbeiter in Maria Veen. Es mache keinen Sinn, auf Entzug und Abstinenz zu pochen, wenn es noch so viele andere Probleme gebe. "Wir fangen bei Null an", sagte Wegmann. Es gelingt aber im Einzelfall durch Anreize. Wer es geschafft hat, kann zum Beispiel ins "Weiße Haus" ziehen, einem weiß gestrichenen Wohnhaus direkt außerhalb, im Sprachgebrauch der Bewohner ihr "Trockendock". Erst einmal geht es um die Grundversorgung. "Wir sichern das Leben", sagt Hülsmann.
Hier wird es aus Sicht von Heinz-Josef Kessmann notwendig werden, wie in anderen Arbeitsfeldern der Sozialarbeit individuelle Hilfepläne aufzustellen. Zu fordern sei, dass wie in der Behindertenhilfe nach wie vor jeder Wohnungslose in der Einrichtung einen Anspruch auf Beschäftigung hat. Bernhard Wegmann bestätigte die Bedeutung einer Tätigkeit, egal wie einfach, für die Tagesstruktur.
Zwischen verschiedenen Arbeitsfeldern von Gärtnerei bis zur Metallbearbeitung können die Bewohner wählen. Große Bedeutung hat nach wie vor die Landwirtschaft. Auf einem Rundgang durch den Ort und über das weitläufige Gelände entlang den zum Jubiläum vor drei Jahren aufgestellten Informationstafeln, erläuterten Sabine Hülsmann und Bernhard Wegmann, dass es diese Arbeitsangebote schon fast identisch zur Gründungszeit 1888 gegeben habe. "Sozial findet statt" ist der Weg überschrieben. Mit der Urbarmachung des Landes in der Bauerschaft nahe Reken entstand Maria Veen als Ort, nach einem Jahr hatten sich schon 100 Kolonisten angesiedelt. Aktuell wohnen dort rund 180 Wohnungslose, zur Verfügung stehen insgesamt bis zu 230 Plätze.
101-2016 (hgw) 4. September 2016
Pressemitteilung
"Wir sichern das Leben"
Erschienen am:
03.09.2016
Herausgeber:
Caritasverband für die Diözese Münster
Kardinal-von-Galen-Ring 45
48149 Münster
+49 251 8901-0
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Beschreibung
Harald Westbeld
Pressereferent