Der Ärger über die ständig neuen, wieder geänderten und teils in der Praxis nicht umsetzbaren Verordnungen, Erlasse und Regelungen ist bei den Heimleitungen geblieben: "Ohne Politik wäre es einfacher gewesen", sagt Bernd Sandbothe, der das Achatius-Haus in Münster-Wolbeck und Haus Heidhorn im Stadtteil Hiltrup leitet. Besuchskonzepte haben alle Heime längst gefunden, in der Regel Erweiterungen der schon vor dem Muttertag erprobten Möglichkeiten. Sie fallen nach wie vor recht unterschiedlich aus, je nach den örtlichen Voraussetzungen.
Susanne Bönninghoff, die die Friedrichsburg in Münster leitet, will nach wie vor keine Besucher ins Haus lassen. Problem sei, dass sich viele Bewohner in der großen Eingangshalle aufhielten, in der auch das Café angesiedelt sei. Wenn da viele Besucher hineinkämen, könnten die Abstandsregeln nur noch schwer eingehalten werden. "Schlimmstenfalls könnten unsere Bewohner die Halle nicht mehr nutzen", erklärt Bönninghoff. Weiterhin soll der Kontakt deshalb über Besucherfenster laufen. Eine Beschwerde dazu hat sie mit der Heimaufsicht schon rechtlich abgeklärt. Im Grunde sei das zu handhaben wie in den immer mal wieder auftretenden Einbrüchen von Noro-Viren. Die Bewohner erlebt sie dabei "sehr gelassen".
Dass die Besuchsregelungen in der Friedrichsburg noch sehr eng seien, ist aus Sicht von Anne Eckert, Referatsleiterin Altenhilfe und Sozialstationen im Diözesancaritasverband Münster gut nachvollziehbar. Es sei eben eine große Einrichtung mit 138 Plätzen in der Stadt. Immerhin sei es so gelungen, dass es bislang keinen Infektionsfall gegeben habe.
Ebenso kann sie den freieren Umgang im Achatius-Haus und Haus Heidhorn verstehen. Dies seien kleinere Einrichtungen in ländlicher Umgebung. Zudem lebten im Achatius-Haus viele jüngere und noch orientierte Pflegebedürftige, denen die Schutzregeln erklärbar seien. Bernd Sandbothe ermöglicht Besuchern unter den gegebenen Schutzregeln wie Maskentragen und Abstand halten Zutritt. Spaziergänge mit Angehörigen auch außerhalb des Geländes erlaube die Verordnung des Landes.
Auch wenn es in seinen Häusern bislang keine Infektion gegeben hat, ist Sandbothe sich darüber im Klaren, dass es "ohnehin keine 100prozentige Sicherheit geben kann". Eine Abschottung werde nicht möglich sein, bis ein Impfstoff sie ermögliche. Wichtig sei, die Bewohner gut zu beobachten und bei Symptomen schnellstmöglich zu testen und Infizierte zu isolieren.
Dass die ersten Verordnungen selbst ohne Infektionen forderten, das Bewohner umziehnen müssten, um isolierte Gruppen zu bilden, sei nicht nachvollziehbar gewesen, so Sandbothe. Wegen Grippe- und Noro-Viren verfügten die Altenheime über genügend Erfahrung, wie Krankheitseinbrüche eingedämmt werden können. Hierin ist sich Sandbothe mit seiner Kollegin Bönninghoff völlig einig.
048-2020 (hgw) 28. Mai 2020