Ihre Belastungsgrenzen sind immer häufiger spürbar erreicht oder sie müssen wieder arbeiten gehen, erfahren zum Beispiel Veronika Reuter beim Kreiscaritasverband Coesfeld und Uwe Bröcker bei der Caritas Ahaus-Vreden. Eine Notbetreuung für Angehörige systemrelevanter Berufe haben sie immer angeboten, jetzt werden bei guter Begründung weitere Gäste wieder aufgenommen und geschlossene Tagespflegestätten geöffnet. Aber mit sehr viel Vorsicht.
Auch in diesem Bereich der Normalität wieder ein Stück näher zu kommen, erscheint Eva-Maria Matzker beim Diözesancaritasverband Münster dringend geboten: "Insgesamt melden uns die Tagespflegen zurück, dass es zunehmend zu kritischen Situationen in der Häuslichkeit kommt". Angehörige seien körperlich und nervlich am Ende. Aber auch für die alten Menschen sei die Belastung groß. Beobachtet werde "ein zunehmender Abbau der kognitiven und physischen Fähigkeiten wegen fehlender Struktur, Aktivierung und sozialer Kontakte", erklärt Matzker.
Dabei haben die Mitarbeiter in den jeweils sechs Tagespflegestätten der Caritas Coesfeld und Ahaus-Vreden weiterhin per Brief und Telefon Kontakt gehalten. "Unsere Gäste wissen, dass sie sich immer melden können", sagt Veronika Reuter. Die bislang in der Regel drei Gäste in der Notbetreuung würden dagegen die sehr persönliche Atmosphäre genießen. Aufgenommen worden sind neben den Gästen mit Angehörigen in systemrelevanten Berufen auch die, bei denen das Betreuungssystem zuhause zusammengebrochen wäre. Die Abwägung, ob diese Voraussetzung vorliege, treffe die Leitung der Tagespflege, erläutert Reuter.
Für die verbliebenen Gäste und die jetzt zurückkehrenden haben Uwe Bröcker und seine Mitarbeiter besondere Schutzvorkehrungen getroffen, um Ansteckungen mit dem Coronavirus möglichst auszuschließen. Abgeholt werde natürlich mit Schutzmasken, aber darüber hinaus würden demenzerkrankte Gäste, denen die notwendigen Schutzmaßnahmen nicht zu erklären seien, einzeln gefahren. Zudem seien die Fahrer angehalten, jeden Morgen nach Erkältungsanzeichen zu fragen. "Eine Ansteckung ist unsere größte Sorge," sagt Bröcker: "Deshalb müssen wir das absolut sensibel handhaben."
Eva-Maria Matzker kritisiert, dass die Tagespflegen ziemlich allein gelassen seien. Es gebe keine Konzepte des Robert Koch Instituts oder anderer Institutionen, was in der Notbetreuung zu beachten sei. Die Politik gehe wohl davon aus, dass die meisten noch geschlossen seien. Insofern würden sie auch kaum mit Schutzausrüstung versorgt. In der Diskussion um Öffnungen würden die Tagespflegen bislang übersehen. Angesichts all der Nachteile, die eine weitere Schließung mit sich bringe, müsse darüber aber geredet werden. Mit entsprechenden Hygienekonzepten hält Matzker eine schrittweise Öffnung "durchaus für möglich".
036-2020 (hgw) 4. Mai 2020