Münster (cpm). Seit zehn Jahren existiert in Nordrhein-Westfalen das Nebeneinander von Schule und Jugendhilfe in Form der „Offenen Ganztagsschule“ (OGS). Aber: „Schule und Offene Ganztagsschule gehören zusammen“, machte Schulleiterin Veronika Hofmeister von der Overbergschule in Warendorf deutlich. Dieses ist der Caritas in der Diözese, deren Verbände an vielen Orten die Trägerschaft übernommen haben, ein besonderes Anliegen. Neben einer besseren Möglichkeit der Vereinbarung von Familie und Beruf sind für die Caritas von Beginn an Fragen der Bildungsqualität und der Bildungsgerechtigkeit wichtig. Auf einem Fachtag in Münster zogen Caritas und Wissenschaft Bilanz.
Aus der „Verlegenheitslösung OGS“ sei „eine sinnvolle Investition in Bildung“ geworden, erklärte Heinz-Josef Kessmann, Direktor des Diözesancaritasverbandes. „Die OGS schafft es, bildungsbenachteiligte Familien anzusprechen“. Das sei immer schon ein besonderes Anliegen der Caritas gewesen. Mit Angeboten wie dem theaterpädagogischen Projekt „Lampenfieber“, das der Diözesancaritasverband Münster in Kooperation mit vier örtlichen Caritasverbänden unter dem Aspekt der Bildungsgerechtigkeit durchführt, gelinge das. Vor allem Kindern aus solchen bildungsbenachteiligten Familien könne damit ein kreatives Angebot gemacht werden, um ein Stück mehr Bildungsgerechtigkeit herzustellen.
Dr. Anastasia Moraitis von der Universität Duisburg-Essen, zuständig für die wissenschaftliche Begleitung des Projekts „Lampenfieber“, hob den „vielfachen, sprachlichen Input“ sowohl durch die Mitarbeitenden der OGS als auch durch die beteiligten Theaterpädagogen und Studenten im Projekt hervor. Durch diese „handlungsorientierte Wortschatzarbeit“ werde die Alltagssprache der Kinder hin zu anderen Sprachstilen ausgeweitet. „Dieser zusätzliche Spracherwerb trägt zur Bildungsgerechtigkeit bei.“
Um alle Kinder angemessen fördern zu können, müssten Schule und OGS eng miteinander verzahnt werden, betonte Veronika Hofmeister: „Der Erziehungsauftrag der Schule wird durch die OGS ergänzt.“ Pädagogische Projekte wie „Lampenfieber“ sollten zu einer regelmäßigen Institution werden, wünschte sich die Warendorfer Schulleiterin.
Professor Dr. Ulrich Deinet von der Fachhochschule Düsseldorf sieht in der Gründung der OGS eine „fundamentale Veränderung“ der Bildungslandschaft. Die OGS sei zu einer zentralen Betreuungsinstitution im Grundschulalter geworden, manche inhaltlichen und fachlichen Qualitäten seien aber bislang auf der Strecke geblieben, kritisierte Deinet.
Daher müssen vor allem, so Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann, die Mitarbeitenden in der OGS begleitet und qualifziert werden. Der Diözesancaritasverband wird eine Grundstruktur der Begleitung der Träger und zusätzliche Fortbildungen anbieten.
130-2013 6. Dezember 2013