Münster (
cpm
).
Interessante Zahlen
verdeutlichten den Teilnehmern der
Regionenreise
der
Diözesancaritasverbandes Münster am dritten Tag die soziale Situation in der
Stadt: 125 wohnungslose Menschen, die älter als 60 Jahre sind, sind in einer
neuen Studie erfasst worden. Acht von ihnen, die pflegebedürftig sind, haben
gerade durch die Bischof Hermann Stiftung ein Zuhause in der umgebauten
Dreifaltigkeitskirche gefunden. Eine weitere Erkenntnis: In Münster ist die
Glücksspielsucht in
besorgniserregendenm
Umfang auf
dem Vormarsch. Mittlerweile gibt es 894 "Unterhaltungsgeräte mit
Gewinnmöglichkeit", so die juristische Formulierung zur Umgehung der
Beschränkungen für das Glücksspiel. Statt acht Spielsüchtige in 2008 kamen im
vergangenen Jahr 112 neue Ratsuchende zur Caritas.
Am Donnerstag spannte die
Regionenreise
des Diözesancaritasverbandes den Bogen besonders weit. Die Fakten sind Vorstand
und Abteilungsleitern aus der täglichen Arbeit eines Spitzenverbandes der
Freien Wohlfahrtspflege grundsätzlich bekannt. Aber im Detail und Erleben wird
erfahrbar, so
Diözesancaritasdirektor
Heinz-Josef
Kessmann
, dass soziale Hilfen so vielfältig wie das Leben
sein müssen. Klar werde auch, wo der Schuh drücke und neue Ideen gefördert
werden müssten. Von den neuen
Wohmöglichkeiten
für
pflegebedürftige Wohnungslose in der umgebauten Dreifaltigkeitskirche führte
die Tour in die Caritas vor Ort Beratungsstelle
Gievenbeck
des Stadtcaritasverbandes als erste Anlaufstelle für Hilfesuchende. Mit den
Vertretern der katholischen Krankenhäuser in Münster wurden die finanziell
angespannte Situation und der Fachkraftmangel thematisiert. Abends bot die
koordinierende Funktion der Gemeindecaritas für die Ehrenamtlichen in den
Pfarrgemeinden Gesprächsstoff und stellte Gregor Wenzel die soziale Landkarte
der Stadt Münster im Internet vor.
Im Haus der Wohnungslosenhilfe stehen Bernd Mühlbrecht und sein
Team immer wieder vor der Frage, was mit älteren wohnungslosen Menschen
geschehen soll, die pflegebedürftig werden. Acht Objekte haben sie durchgeprüft
und verworfen, bis die Idee zum Umbau der Dreifaltigkeitskirche am Ring eher
spontan entstand. Im Rahmen eines Modellprojekts des Landes werden hier acht
Bewohner nicht nur gepflegt sondern auch
sozialarbeiterisch
betreut. Der WDR wird in seinem dritten Programm am Sonntag um 16.30 Uhr in der
Sendereihe Tag7 über ihren Einzug und erste Erfahrungen berichten. Verbunden
ist damit eine Bestandsaufnahme aller wohnungslosen Menschen über 60 Jahre in
der Stadt Münster. 86 der insgesamt 125 hat Christian Benning schon befragt, in
Kürze sollen die Ergebnisse vorgestellt werden.
Nicht weniger wichtig für den an die Bischof Hermann Stiftung
angebundenen Förderverein für Wohnhilfen sind die acht
Appartments
für ehemals sucht- oder psychisch kranke Bewohner, die aus der
sozialtherapeutischen Einrichtung kommend auf Dauer wieder selbständig wohnen
wollen und hier einen geschützten Rahmen finden.
Das ganze Spektrum an sozialen Problemen findet sich in den fünf
Beratungsstellen "Caritas vor Ort", die in einzelnen Stadtteilen
angesiedelt sind. Mitarbeiter verschiedener Dienste wie Erziehungs- und
Suchtberatung sowie Migrationsdienst sind hier die erste Anlaufstelle und
können bei Bedarf an die Spezialisten weiter vermitteln. Vorteil ist vor allem
die schnelle Hilfe, betonte Dorit Kleinen, die die Beratungsstelle in
Gievenbeck
leitet. Jede dieser Beratungsstellen hat an
einem anderen Wochentag eine offene Sprechstunde, so dass die Münsteraner
werktags innerhalb von 24 Stunden erste Hilfe bei sozialen Problemen finden
können.
In
Gievenbeck
stellte Andreas
Moorkamp
das spezielle Angebot der Gewaltberatung für
Männer vor, dass jetzt seit zehn Jahren existiert. Entstanden ist sie aus der
Idee, dass der Schutz der Opfer mittelfristig nicht ausreicht als Lösung. Der
Start sei schwierig gewesen und nur mit Projektmitteln des
Diözesancaritasverbandes möglich gewesen. Mittlerweile habe sich die Beratung
in weitere Orte verbreitet und sei die Zahl der hilfesuchenden Männer kaum noch
zu bewältigen.
Ein Männerproblem ist auch die Glücksspielsucht. Zu 95 Prozent sind
sie Werner
Hassolts
Klienten. Sorge bereitet ihm
nicht nur die starke Zunahme sondern vor allem auch, dass sie immer jünger
werden. Verantwortlich macht er dafür die Gewöhnung durch ähnliche Spiele im
Internet und vor allem die stetig wachsende Zahl an Glücksspielautomaten. Zudem
lasse sich mit den modernen Geräten mehr Geld verspielen. Ein mittleres
Monatseinkommen von 1.600 Euro könne in viereinhalb Stunden an einem Automaten
dahin schwinden. Dass die Kommune wenig dagegen machen könne, aber auch wegen
der anwachsenden Einnahmen aus der Vergnügungssteuer dazu wenig motiviert sei,
sieht
Hassolt
als Milchmädchenrechnung: "Allein
in Münster beträgt der Kaufkraftverlust durch Glücksspiel 15 Millionen Euro im
Jahr."
036-2013 2. Mai 2013