Den geplanten Ausbau unterstützt die Caritas in der Diözese Münster finanziell und mit Expertise. Möglichkeiten und Pläne wurden Verbänden und Einrichtungen vor Ort auf einem Fachtag vorgestellt und diskutiert. Einigkeit bestand darüber, dass Hilfe künftig auf allen Wegen leicht und schnell erreichbar sein muss, egal ob durch ein Gespräch in der Beratungsstelle, online oder per Video-Chat.
Die Zahl der Online-Anfragen steigt in manchen Bereichen schon stark und das verändert zunehmend die klassische Beratung im persönlichen Gespräch, beobachtet Rüdiger Dreier. Der Erziehungsberater baut beim Caritasverband für die Stadt Münster die erste Stabsstelle Digitalisierung in einem örtlichen Verband auf. In der Erziehungsberatung fragten Eltern nicht mehr wie früher nach der angemessenen Höhe des Taschengeldes. Diese Information suchten und fänden sie im Netz. Die Gespräche konzentrierten sich dagegen auf die "heftigeren Fälle".
Für die Caritas sieht Monika Brüggenthies, Abteilungsleiterin Soziale Dienste und Familienhilfe, große Chancen in den neuen Zugangswegen. Unabhängig von Raum und Zeit könnten Ratsuchende Hilfe finden und damit auch mehr Menschen erreicht werden. Das zeige sich am Beispiel der U-25-Onlineberatung der Caritas, die selbstmordgefährdete Jugendliche und junge Erwachsene durch geschulte Gleichaltrige erreichen wolle. Allein hier suchten im vergangenen Jahr 1.200 Menschen Rat und gab es fast 8.000 Mailkontakte mit den 230 Beraterinnen und Beratern.
Natürlich gebe es für die Beratung im Netz Beschränkungen und könne sie nicht in jedem Fall das Gespräch ersetzen, erklärte Andrea Bartsch, die die Leitung des neuen Referats "Online-Beratungsplattform" im Deutschen Caritasverband übernommen hat. Aber es gebe gerade zu Beginn eines Kontakts große Vorteile. Die Anonymität bleibe gewahrt oder Emotionen wie Weinen oder Stottern würden ausgeblendet. Das seien Hemmnisse und Ängste, die die Menschen vom Besuch einer Beratungsstelle zurückschrecken liessen.
Derzeit passt die Caritas ihre Online-Plattform an die inzwischen gewohnten Erscheinungs- und Nutzungsformen an. Die Suchtberatung ist im April im neuen Portal gestartet, die übrigen Dienste sollen bis Jahresende folgen. Gemeinsam wolle die Caritas in einer Kooperationsgemeinschaft auf allen Ebenen den Ausbau vorantreiben, neue Themen online anbieten und weitere Beratungsstellen gewinnen, um die Beratung flächendeckend online anbieten zu können, erklärte Bartsch. Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann und Rüdiger Dreier steuern diese Pläne im Lenkungsausschuss mit. Zudem beteiligt sich der Diözesancaritasverband Münster finanziell.
Dabei sollen nicht nur mehr Fachbereiche online präsent sein, sondern auch die Informationen rundum ergänzt werden. Rüdiger Dreier stellte dazu seine Visionen vor, wo die Caritas-Onlineberatung 2025 sein werde. Die Caritas solle dann für Kompetenz, Emotionen und Vertrauen in Online-Beratung stehen. Der Bedarf an Orientierung sei schon jetzt riesig. Dreier, der sich als Vater-Blogger in der Szene auskennt, erklärte, dass schon jetzt rund eine Million Nutzer täglich Blogs im Bereich Erziehung nutzten. Aber nicht alle Information dort seien fachlich fundiert. Da könne die Caritas ihre über Jahrzehnte gesammelte Erfahrung und entwickelte Fachlichkeit einbringen. Zudem könne sie die Vielfalt ihrer Dienste für die Vernetzung nutzen.
Die Beratung könne allerdings auch in Zukunft nicht nur digital sein. Es gebe immer Fälle, in denen er ab einem gewissen Punkt darum bitte, sie in persönlichem Gespräch fortzusetzen. Zudem sei es für die Online-Berater wichtig, dass sie sich auf Teamtagen austauschen und fortbilden. Ziel müsse für die Zukunft sein: "Aus analoger ist hybride Beratung geworden".
www.onlineberatung-caritas.de
034-2019 (hgw) 3. Mai 2019