Grund dafür ist die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die mittlerweile rund ein Viertel aller Bewohner stellen. Ausgebaut worden sind vor allem die dezentralen Wohngruppenplätze, so dass jetzt weniger als 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen in großen, zentralen Heimen betreut werden.
Einerseits freut sich Marion Schulte beim Diözesancaritasverband Münster darüber, dass in so kurzer Zeit so viele Plätze für die jungen Flüchtlinge bereitgestellt, die Mitarbeiter dafür gefunden und ein eigenes Konzept für ihre Begleitung erarbeitet werden konnte. Aber der Erfolg hat Schattenseiten. Die meisten der Geflüchteten kamen 2015 im Alter von 16 Jahren, inzwischen gibt es nur noch einzelne Neuaufnahmen. Damit sind viele von ihnen inzwischen 18 Jahre alt oder werden es in Kürze. In Münster haben beispielsweise von 193 unbegleiteten Flüchtlingen 93 die Volljährigkeit erreicht.
"Wir haben große Sorgen, weil es nur wenige gute Nachsorgeprojekte gibt", sagt Schulte. Nur mit Wohlwollen der Jugendämter gebe es in einigen Regionen Anschlussmöglichkeiten mit Erreichen der Volljährigkeit. Ansonsten fallen die Flüchtlinge unter das Asylbewerberleistungsgesetz und müssen zurück in Sammelunterkünften. In der Regel habe die kurze, wenn auch intensive Zeit in der Erziehungshilfe nicht reichen können, um einen Schulabschluss und dann eine weitergehende Perspektive in Ausbildung oder Studium zu erreichen.
Das gelinge schon bei den deutschen Jugendlichen schwer in diesem Alter, umso schwieriger sei es für die jungen Flüchtlinge ohne die Unterstützung durch ihre Familie oder Verwandte. "Wir tun alles, dann kommt der Bruch", sagt Marion Schulte. Eine Lösung sieht die Caritas-Mitarbeiterin im Aufbau von Netzwerken verschiedener Hilfen. Ein entsprechendes Projekt zu dessen Aufbau wurde gerade im Kreis Kleve von allen katholischen Trägern der Jugendhilfe auf den Weg gebracht.
Eine weitere Sorge treibt sie um: Nicht alle von jungen Flüchtlingen belegten Plätze sind neu geschaffen. Wo sind dann die deutschen Jugendlichen geblieben, die schon vor 2015 in immer größerer Zahl aufgenommen werden mussten? "Die klassische Jugendhilfe ist etwas aus dem Blick geraten", befürchtet Schulte. Darauf müsse jetzt wieder verstärkt geschaut werden: "Im Grunde brauchen wir eine eigenständige Jugendpolitik, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe", fordert die Caritas-Mitarbeiterin.
076-2016 (hgw) 30. September 2017