Je leerer die Kassen werden, desto mehr nehmen die Tendenzen zu dagegen zu verstoßen. Dagegen wandte sich Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann auf einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend in der Stadthalle Rheinberg im Rahmen der Regionaltour des Diözesancaritasverbandes im Kreis Wesel vor rund 150 Zuhörern. Der Staat solle nicht in Konkurrenz treten, sondern erst dann selbst tätig werden, "wenn die freien Träger eine Aufgabe nicht übernehmen können". Ihm falle "in erster Linie eine Gestaltungsaufgabe" zu und er müsse für "angemessene Rahmenbedingungen" sorgen. Kessmann wandte sich gegen ständige Forderungen, Leistungen preiswerter als andere anbieten zu sollen: "Freie Träger sind keine Spardosen des Sozialstaats". Wenn die Mitarbeiter in der Verwaltung nach Tarif bezahlt würden, müsse auch der Caritas zugestanden werden, ihre Mitarbeiter nach Tarif zu entlohnen.
In seiner Begrüßung betonte Caritas-Geschäftsführer Henric Peeters das Subsidiaritätsprinzip als "zentrales Element" des Sozialstaates". Entstanden ist es, so erläuterte der Vorsitzende des Diözesancaritasverbandes, Domkapitular Dr. Klaus Winterkamp, aus der Erfahrung mit dem totalitären Staat des Dritten Reiches. Daran, dass die Verfassungsväter es deshalb ins Grundgesetz geschrieben hätten, müsse heute immer wieder erinnert werden.
Dass es für die Kommunen in der heutigen Zeit nicht immer leicht sei, all ihre Aufgaben in der Daseinsvorsorge zu finanzieren, erkannte Kessmann an. Wie groß die Herausforderung sei, hätten viele Beispiele auf der Tour durch den Kreis gezeigt. Hier kämen das Ende des Bergbaus und die Abwanderung großer Industrieunternehmen erschwerend hinzu. Deutlich geworden sei aber auch, mit welchem Engagement die Verbände und Einrichtungen der Caritas und ihrer Fachverbände Sozialdienst katholischer Frauen und Sozialdienst Katholischer Männer ihre Angebote im Zusammenwirken mit den Kommunen immer wieder neu dem Bedarf anpassten.
Betrachte man dieses weitgefächerte Unterstützungssystem, sei klar, dass die Kommunen die Daseinsvorsorge allein nicht stemmen könnten, so Kessmann. Sie müssten dieses System gestalten und den Freien Trägern Raum lassen, es auszufüllen. Bei den Kosten dürfe es nicht allein entscheidend sein, wer der billigste ist. Tarifbindung, Fachlichkeit und Verlässlichkeit müssen nach Meinung Kessmanns ebenso Kriterien sein. Die Freien Träger könnten dafür einiges bieten: Sie machten als Erste auf neue Notlagen aufmerksam, vernetzten Hilfen oder aktivierten Ehrenamtliche.
Was die Finanzsituation angehe, müssten sich die Kommunen allerdings auch fragen lassen, ob sie "die zusätzlichen Mittel des Landes aus dem Konnexitätsurteil für die U3-Betreuung" tatsächlich dafür ausgegeben hätten, so Kessmann. Frage sei auch, was mit den wieder stärker sprudelnden Steuereinnahmen passiere und ob die Kommunen genügend Druck machten, damit die Bundesregierung die ihnen in dieser Legislaturperiode im Finanzpakt versprochenen Finanzhilfen tatsächlich umsetze.
Die Diskussion auf dem Podium mit Landespolitikern und dem Rheinberger Bürgermeister drehte sich vor allem auch um Geld. Michael van Meerbeck, Direktor der Caritas Dinslaken-Wesel, kritisierte, dass immer häufiger die Frage gestellt werde, "bekomme ich das auch billiger". Dabei gehe es nicht nur darum, sondern auch um Vertrauen bei der Übertragung von Aufgaben.
Nach Ansicht von Henric Peeters "kann es nicht sein, dass sich nur reichere Kommunen noch Caritas und Co leisten können". Bund und Land müssten die Kommunen stärken, damit sie ihre Aufgaben tatsächlich wahrnehmen könnten.
035-2014 4. April 2014