"Das wird jetzt wesentlich flexibler gehandhabt, solange es im vereinbarten Kostenrahmen bleibt", begrüßt Volker Supe, Referatsleiter Behindertenhilfe im Diözesancaritasverband Münster, die mit Landschaftsverbänden und Land vereinbarten Regelungen.
Deswegen kann jeder Träger der Behindertenhilfe die für sich passende Lösung finden. Während in den Werkstätten von Haus Hall in Gescher derzeit 70 Prozent der Beschäftigten in den Produktionshallen arbeiten, sind es bei den Caritas Wohn- und Werkstätten Niederrhein (CWWN) in Moers rund 30 Prozent. Die CWWN haben mit dem Landschaftsverband Rheinland und dem Landesgesundheitsministerium abgestimmt, dass alle Beschäftigten, die in "Besonderen Wohnformen" leben, also nicht eigenständig oder zuhause bei ihren Eltern, nicht in die Werkstatt kommen.
Unabhängig von dem jeweiligen Modell gibt es immer Arbeitsangebote zuhause. Auch wird per Telefon oder Videokonferenz Kontakt gehalten. Wie im Frühjahr 2020 bringen ein Teil der Mitarbeitenden einfache Aufgaben aus der Produktion mit in die "Besonderen Wohnformen", betreuen die Beschäftigten dort und überlegen sich Angebote für die Tagesstruktur, berichtet Andrea Emde, Öffentlichkeitsreferentin der CWWN: "Das funktioniert alles gut, weil die Kolleginnen und Kollegen solidarisch mitziehen."
Durch Kontaktreduzierung und regelmäßige Schnelltests der Mitarbeitenden gelingt es, das Ansteckungsrisiko niedrig zu halten, obwohl beide Träger jeweils über 1.000 Beschäftigte mit Behinderungen haben. Andererseits können die Aufträge der Kunden trotzdem weitgehend erfüllt werden. "Wir müssen auch an die Zeit nach Corona denken", sagt Jürgen Dreyer, Leiter der Werkstätten von Haus Hall. Man wolle keine Kunden verlieren.
Sorge bereit ihm, dass es nicht so einfach ist, die Beschäftigten zurückzuholen. In den Wohngruppen könne die individuelle Förderung ihrer beruflichen Teilhabe nicht in gleichem Maße aufrechterhalten werden. Zudem fehlten ihnen die vielfältigen sozialen Kontakte in den Werkstätten. Was nicht am Bemühen aller Beteiligten liegt. So bekommen die behinderten Menschen im Berufsbildungsbereich beispielsweise regelmäßig Lernpakete nach Hause, um den Anschluss zu halten.
Jürgen Dreyer wünscht sich von der Politik Vorgaben mit längerer Halbwertszeit für mehr Planungssicherheit. Beständigkeit sei für Menschen mit Behinderung ein wichtiges Gut.
005-2020 (hgw) 20. Januar 2021