Das Altenwohnheim St. Lamberti feierte am 4. Dezember 2019 das 25. Jubiläum der AbendrundeGregor Wenzel
Seit 25 Jahren treffen sich Bewohner des münsterischen Altenheims täglich, um gemeinsam zu rätseln, zu singen und um Gesellschaft zu genießen. Die gemeinsamen Abende sind ein wichtiges Ritual, das dazu beiträgt, „den Tag gut zu beenden“, sagt Pflegedienstleiter Reinhold van Weegen.
Mit großer Pünktlichkeit treffen die Bewohner ein, um ihre angestammten Plätze im Stuhlkreis einzunehmen. Auch Rollstühle und Rollatoren parken jeden Abend an derselben Stelle. Gedämmtes Licht und wohlige Atmosphäre erfüllen den Raum, mit Namen wird jeder Abendrundler von der Gruppenleiterin begrüßt. Gisela Mölleck ist eine der ersten Eintreffenden. Dieser Besuch gehört für sie fest zum Tagesablauf: „Ohne mich fängt die Abendrunde gar nicht an“, scherzt die 92-Jährige. Am meisten freue sie sich auf das Singen und so stimmt sie ein in Lamberti’s „Abendrunden-Lied“.
Beim anschließenden Ballspiel wird es dynamisch – aber auch Köpfchen ist gefragt. „Spinat“ ruft einer, der Nebenmann ruft: „Erbsen“. Mit dem Wurf des Balls grübeln die Senioren nach Lebensmitteln, die grün sind. Wem nichts einfällt, wo aber noch ausreichend Kraft in den Armen vorhanden ist, der wirft ihn einfach so zurück. Wie eine Abendrunde gestaltet ist, das entscheidet jeden Abend ein anderer Gruppenleiter. Neben hauptamtlichen Mitarbeitenden sind das etwa zur Hälfte auch Ehrenamtliche. Aktuell engagieren sich zwölf ehrenamtliche Abendrundengestalter zwischen 19 und 74 Jahren. Neben Rentnern seien es auch Studierende, die üben möchten, eine Gruppe zu leiten, sagt Pflegedienstleiter Reinhold van Weegen. Jeder Gruppenleiter bringt eigene Ideen und Spiele mit, um die Zeit zwischen 19.30 und 20.45 Uhr zu gestalten.
„Ich bin abends immer richtig toll müde“, sagt Gisela Mölleck und ist froh, gut schlafen zu können. Die Abendrunde bringe ihr Abwechslung und neue Ideen. Gäbe es das Angebot nicht, würde die Seniorin wahrscheinlich fernsehen, schätzt sie – vermutlich alleine. Das ist, was van Weegen verhindern möchte. Der Abend und die Einsamkeit seien für die Bewohner am schlimmsten, weiß er. „Die Menschen sind hier, um ihr Leben abzurunden.“ Ihnen dabei helfen zu können, sei für ihn bereits palliative Arbeit – und dazu trage die Abendrunde bei.
Geboren wurde die Idee vor 25 Jahren unter Beteiligung der Nachtpflegekräfte und van Weegen. Bewohner, die nicht schlafen konnten, wurden eingeladen, sich in einem Raum gemeinsam mit einer Nachtpflegekraft zu treffen. Daraus wuchs ein regelmäßiges Angebot, das ausgebaut, erweitert und mit Leben gefüllt wurde. Van Weegen bemerkt außerdem einen positiven Nebeneffekt: „Es werden viel weniger Schlaftabletten benötigt.“ Dazu trage bei, dass in der Abendrunde Ressourcen aktiviert würden, außerdem hätten die Bewohner etwas Sinnstiftendes geleistet. „Wer einen guten Tag hinter sich hat, der schläft auch gut“, weiß der langjährige Pflegedienstleiter.
Van Weegen findet, Angebote für Bewohner in den Abendstunden seien in Altenheimen wichtig und hofft, dass die Idee auch an anderer Stelle aufgegriffen wird. Es gehe eben darum, das Leben rund zu machen.
Einrichtungsleiter Markus Brinkmann und Heimbeiratsvorsitzende Dr. Veronika Kircher bedankten sich gestern Abend während einer Jubiläumsfeier bei allen haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden, die das Angebot ermöglicht haben. Insbesondere der Einsatz von Reinhold van Weegen wurde dabei hervorgehoben. „Es ist ihr Verdienst, dass die Abendrunde seit 25 Jahren Freude bereitet“, betonte Brinkmann.
090-2019 (bü) 5. Dezember 2019