Mit der neuen Caritas-Kampagne befasst sich im Schwerpunkt auch die neue Ausgabe der Zeitschrift Caritas in NRW. Der Heimatbegriff im 21. Jahrhundert könne sich weniger auf den Ort der Geburt und des Aufwachsens beziehen, so Kessmann: "Heimat entsteht, wenn sich biografische Wurzeln im privaten Umfeld oder auch im Sozialraum entwickeln können."
Vor diesem Hintergrund warnt Kessmann vor Abschottungsprozessen und Parallelgesellschaften. Beheimatung gelinge nur, wenn Regeln und Werte der neuen Heimat akzeptiert und übernommen werden und wenn gleichzeitig in der neuen Heimat Möglichkeiten zur Teilhabe geschaffen und wahrgenommen werden. Jeder könne etwas tun, um für unsere offene Gesellschaft zu werben: "die ausgestreckte Hand, das freundliche Wort, die einladende Geste" seien denkbar einfache Instrumente dazu.
Politisch gilt es nach Ansicht des Münsteraner Diözesancaritasdirektors, erfolgreiche Beheimatung auch strukturell zu ermöglichen. Kessmann kritisiert die Erschwerung des Familiennachzugs und die Wohnortzuweisung: "So können wir keine Menschen für diesen Staat gewinnen." Sinnvoll und notwendig sei dagegen eine institutionalisierte Mitsprache von Asylsuchenden und Flüchtlingen auf der lokalen und regionalen oder gar nationalen Ebene. "Querdenken ist nötiger denn je, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen für eine gelingende Vielfaltsgesellschaft weiterzuentwickeln," erklärt Kessmann
"Die Gesellschaft muss stressresistenter werden" fordert der Migrationsforscher Aladin El-Mafaalani in der Zeitschrift Caritas in NRW. Integration bedeute, dass "mehr Menschen am Tisch sitzen, mehr Menschen ihre Interessen äußern. Das führt dazu, dass es mehr Möglichkeiten gibt für Konflikte", so der Wissenschaftler aus Münster. Migrationssensibilität müsse daher nicht nur von speziellen Fachleuten erwartet werden, sondern von weiten Teilen der Bevölkerung.
004-2017 11. Januar 2017