Als Folge der Sparpolitik der EU gebe es mehr Armut und Ungleichheit in Europa, kritisiert Mayer und warnt gleichzeitig vor dem Vertrauensverlust in die politischen Institutionen.
Der Caritasverband Münster unterstützt die Forderung der Caritas Europa an die EU, Wort zu halten und das Versprechen der Europa-2020-Strategie einzuhalten. "Wir müssen daran festhalten, die Zahl der von Armut bedrohten Menschen um mindestens 20 Millionen zu senken", erklärt Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann: "Wir fordern ein Europa im Dienste der Menschen." Mitgliedsstaaten sollten in soziale Dienste und Absicherung, in kleine und mittlere Unternehmen und in Beschäftigung investieren.
"Bei der Caritas in Zypern, Griechenland, Rumänien, Italien, Spanien, Portugal und Irland sehen wir es täglich", sagt Jorge Nuño Mayer: "Tausende Menschen, alte und neue Arme, klopfen an die Türen der Caritas und berichten uns ihre Not." Langfristig befürchte die Caritas ein strukturelles Armutsproblem, einen definitiven Rückzug der staatlichen Verantwortung für die Schwachen in der Gesellschaft und durch Aufgabe der sozialen Rechte mehr gesellschaftliche und staatliche Gewaltbereitschaft. "Die soziale Dimension Europas ist in Gefahr," befürchtet Mayer.
Einen Schuldenerlass für die südeuropäischen Krisenländer fordert Professor Bernhard Emunds, Leiter des Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik in Frankfurt. Die Deutschen hätten eine Mitverantwortung für die Schulden und daher auch für den Weg aus der Schuldenkrise, so Emunds in Caritas in NRW. Er kritisiert das bisherige Krisenmanagement, "das die Vermögenswerte der Reichen sichert und fast die ganze Last der Anpassung, die Last der Veränderung den Armen und prekär Beschäftigten, den jungen Arbeitslosen und den Rentnern sowie den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Südeuropa aufbürdet".
Ausdrücklich warnt Emunds vor einer jahrzehntelangen "Schuldknechtschaft Südeuropas gegenüber Nordeuropa". Der Druck, der auf die kleinen Leute in Spanien, Griechenland, Portugal ausgeübt werde, dürfe den Christen in Deutschland keine Ruhe lassen, betont der katholische Sozialethiker.
070-2015 30. Juni 2015