Kritisch wird gesehen, dass die darin vorgesehenen Regelungen zur Inklusion behinderter Kinder und Jugendlicher in drei Stufen bis 2028 vorgesehen ist und Finanzierungsregelungen fehlen. Die Dienste und Einrichtungen der Erziehungshilfe der Caritas werden sich davon unabhängig ab sofort und soweit wie möglich darauf vorbereiten. Dies beschloss die AGE auf ihrer digitalen Mitgliederversammlung am Mittwoch.
Marion Schulte, Referentin im Diözesancaritasverband un Geschäftsführerin der AGE, bedauert, dass die seit langem geführte Diskussion um die Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen in das Jugendhilferecht nicht schneller vollzogen wird. Möglicherweise hake es an den Kosten, denn klar sei: "Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif". Die aktuelle Reform sage dazu noch nichts, erst ab 2028 soll eine vollständige Umsetzung erfolgen - allerdings unter dem Vorbehalt, dass die dafür notwendige Bundesgesetzgebung dann beschlossen wird.
Schon jetzt gibt es in den Caritas-Einrichtungen der Erziehungshilfe einzelne integrative Gruppen und eingestreute Plätze. Auch für die ambulanten Dienste und die Erziehungsberatungsstellen ist das Thema nicht neu, so Schulte. Diese Erfahrungen wolle die AGE jetzt nutzen, um "eine Haltung zu entwickeln, Strukturen zu überlegen und inklusionspädagogische Konzepte zu entwerfen". Parallel dazu wirkt die AGE auf der Bundesebene aktiv in dem Projekt "Inklusion jetzt!" mit.
Der Entwurf des neuen Sozialgesetzbuch VIII enthält in der ersten Phase lediglich eine Absichtserklärung zur künftigen inklusiven Ausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe. Ab 2024 soll es dann "Verfahrenslotsen" in den Jugendämtern als Ansprechpartner für Eltern und ihre behinderten Kinder geben. "Dieser Ansatz ist nicht unkritisch", erklärt Marion Schulte, denn dann lenke das Amt nicht nur die Hilfen, sondern entscheide gleichzeitig über deren Finanzierung. Bisherige Erfahrungen in der Jugendhilfe zeigten, dass dabei auch die Kassenlage der jeweiligen Kommune eine Rolle spiele.
Positiv sieht die AGE in der Reform die Stärkung der Kinderrechte mit einem eigenen Beratungsanspruch und der Förderung ihrer Selbstbestimmung. Künftig werden junge Erwachsene, die in einer Einrichtung der Erziehungshilfe wohnen, auch nicht mehr 75 Prozent ihres Einkommens an das Jugendamt abführen müssen, sondern nur noch 25 Prozent. Das ermögliche ihnen etwas anzusparen für einen Start in ein selbstständiges Leben und erhöhe natürlich die Motivation, so Schulte.
117-2020 (hgw) 3. Dezember 2020