Die Caritas fordert in ihrer Jahreskampagne 2018 Wohnen als Grundrecht zu sichern. "Alle Ebenen der Politik sind dazu aufgerufen daran mitzuwirken", erklärte Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann zum Auftakt in der Diözese Münster im Haus Maria Veen des Vereins für Katholische Arbeiterkolonien in Westfalen.
Die Wohnungsfrage sieht eine Mehrheit der Bevölkerung als "zentrale gesellschaftliche Herausforderung". Das hat eine Studie des Deutschen Caritasverbandes zur Jahreskampagne "Jeder Mensch braucht ein Zuhause" ergeben. Die Ursachen des Mangels seien vielfältig und nur zum geringen Teil auf den Zuzug von Flüchtlingen zurückzuführen, sagte Kessmann. Dazu hätten auch die niedrigen Zinsen beigetragen, die Wohnungen zu Spekulationsobjekten habe werden lassen.
Zur Lösung des Problems müssten alle politische Ebenen beitragen. Kommunen müssten bei der Entwicklung von Wohnviertel Vorgaben für den Anteil an sozialem Wohnungsbau machen, das Land Förderbedingungen dafür festlegen und Modelle für die Bodenvergabe entwickeln, um "der Desintegration der Gesellschaft entgegen zu wirken," sagte Kessmann. Auf Bundesebene sei zu überlegen, ob der Wohnungsmarkt nicht stärker reguliert werden müsse, "um der Sozialbindung des Eigentums an Grund und Boden stärker Rechnung zu tragen".
Das Land Nordrhein-Westfalen ist sich der Verantwortung durchaus bewusst und das auch nicht erst seit dem Regierungswechsel im vergangenen Jahr, wie Oliver Schreiber vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung aufzeigte. 80.000 neue Wohnungen würden pro Jahr benötigt, derzeit aber nur gut 45.000 tatsächlich gebaut. Er forderte die Caritas-Vertreter auf, die vielfältigen Fördermöglichkeiten zu nutzen und zeigte sie an bereits gelungenen Beispielen aus dem kirchlichen Bereich auf.
Als Vorzeigeprojekt gelte in Düsseldorf nach wie vor der Klostergarten Kevelaer, der vor zehn Jahren von der Caritas Geldern-Kevelaer aus einem alten Kloster entwickelt worden ist. Heute lebten dort 250 Menschen allen Alters um ein integratives Hotel und Mehrgenerationenhaus. Stationäre und ambulante Altenhilfe sind eingestreut. Hier zeige sich, dass gutes Wohnen Gemeinschaft brauche. Deswegen seien auch Außenanlagen und Nachbarschaftstreffs förderfähig.
An die Umnutzung bisheriger Kirchorte konnte Georg Schoofs, Leiter des Referats Liegenschaften im Bischöflichen Generalvikariat, anknüpfen. An vier Beispielen aus dem Bistum Münster in Dülmen, Kleve-Kellen, Vreden und Gescher zeigte er die verschiedenen Möglichkeiten auf. Bestreben sei, aufzugebende Kirchgebäude sozialverträglich weiter zu nutzen. Zu begrüßen sei daher, dass viele Standorte "mit der Caritas zusammen entwickelt werden konnten", sagte Schoofs. Das Bistum gewähre dafür Förderungen mindestens in der Höhe eines vermiedenen Abrisses. Für den Umbau zum Beispiel von nicht mehr benötigten Pfarrhäusern für Flüchtlinge seien zudem in den vergangenen Jahren weitere Gelder bereitgestellt worden.
Grundsätzlich gelte aber, dass die Pfarreien zwar nicht selbst als Investoren aufträten, aber über die weitere Nutzung von Grundstücken und Gebäuden selbst entschieden. Heinz-Josef Kessmann bedauerte, dass in Einzelfällen die etwas höhere Rendite bei Vergabe an private Investoren, den Ausschlag gebe und die Caritas nicht zum Zuge komme. Dabei sei die soziale Nutzung eine Chance, die Erinnerung an Kirchorte wachzuhalten, selbst wenn die Kirche als Gebäude nicht erhalten werden könne.
An der Sorge für Wohnungssuchende und Wohnungslose zeige sich, dass Kirche in besonderer Weise die Not der armen Menschen in der Gesellschaft in Blick nehme, so Kessmann, auch wenn die Wohnungslosenhilfe als Arbeitsfeld der Caritas in der Öffentlichkeit nicht so im Vordergrund stehe.
Dass es dabei um mehr als ein Dach über dem Kopf geht sondern auch um Gemeinschaft, zeigten einige Bewohner in Maria Veen eindrucksvoll in kurzen Sketchen aus ihrem Leben. Gegründet worden sind die Arbeiterkolonien vor 130 Jahren für Wanderarbeiter zur Zeit der beginnenden Industrialisierung. Jeden Menschen aufzunehmen, ohne ihn zu hinterfragen, ist auch heute noch die Maxime, erklärte Geschäftsführerin Beate Jussen. Dazu sollen die Angebote ausgebaut werden für Frauen und Jugendliche sowie im ambulant betreuten Wohnen.
005-2018 (hgw) 24. Januar 2