Trotzdem müssen sie "aufstocken", weil ihr Lohn unter dem Satz des Arbeitslosengeldes II liegt. Immer offensichtlicher wird zudem, wie knapp diese Unterstützungsleistung bemessen ist, denn immer mehr Menschen müssen beim Jobcenter ein Darlehen beantragen. "Die Regelsätze müssen realistisch berechnet werden," fordert Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann.
Nicht zuletzt die gestiegenen Stromkosten passen nicht mehr zu dem berechneten Wert im Arbeitslosengeld II, so Kessmann. Zudem wirkt sich von Jahr zu Jahr verstärkt aus, dass bei der Hartz-IV-Reform die einmaligen Beihilfen abgeschafft worden sind. Jetzt müssen auch Großgeräte wie Waschmaschinen oder Kühlschränke aus den monatlichen Sätzen angespart werden. Hierfür können Darlehen beantragt werden, die mit maximal zehn Prozent des monatlichen Regelsatzes zurückgezahlt werden müssen. "Das sind allerdings zehn Prozent vom Existenzminimum", betont Kessmann. Entsprechend schwer falle die Tilgung.
Arbeiten ist dabei, wie die auch regional aufbereiteten Zahlen zeigen, nicht unbedingt die Lösung. Rund 302.000 Erwerbstätige in NRW verdienen so wenig, dass sie zusätzlich Arbeitslosengeld II erhalten. Der Großteil hat nur Minijobs, aber 41 Prozent sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Das größte Risiko, arm zu werden und zu bleiben, birgt allerdings nach wie vor der Verlust der Arbeitsstelle. 16 Prozent der Bevölkerung in NRW ist armutsgefährdet und arbeitslose Menschen bilden dort mit 57 Prozent die Mehrheit. Da sieht es in der Region Münster vergleichsweise gut aus. Sind beim Spitzenreiter Dortmund 20,6 Prozent der Bürger armutsgefährdet, liegt Münster mit 14 Prozent unter dem Durchschnitt. Nur in den Regionen Arnsberg, Bonn und Siegen ist die Armutsgefährdung geringer.
Als armutsgefährdet gilt nach EU-Definition ein Ein-Personen-Haushalt bei einem monatlichen Einkommen von weniger als 895 Euro. Ein Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern erreicht diese Grenze bei 1.879 Euro.