"Die Hauptsprache im Wartezimmer ist inzwischen arabisch", stellt Caritas-Mitarbeiter Dieter Homannn fest. Angesichts von weltweit 51 Millionen Flüchtlingen fordert die Caritas von Bundes- und Landesregierung eine weit größere Bereitschaft zur Aufnahme von Menschen aus Kriegsgebieten als die bislang bereit gestellten Kontingente von 20.000 syrischen Flüchtlingen.
Münsters Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann und Ahaus Caritas-Vorstand Bernhard Herdering sehen keine Überforderung in den derzeitigen Asylbewerberzahlen: "Die sind nicht höher als in den 90er Jahren", sagte Kessmann. Nur habe man seitdem die Strukturen abgebaut und müsse deshalb jetzt wieder nach neuen Unterkünften suchen. Der Migrationsdienst der Caritas Ahaus-Vreden in Gronau war die dritte Station der Caritas-Regionaltour im Kreis Borken.
Das Bistum Münster und die Caritas werden die Bemühungen der Kommunen unterstützen, die neue Flüchtlingswelle zu bewältigen, erklärte Kessmann. Den Pfarrgemeinden sei empfohlen, bei der Suche nach Grundstücken zu helfen. Der Diözesancaritasverband verdopple seine Kapazitäten in der Rechtsberatung als Unterstützung für die Migrationsdienste.
Damit lässt sich allerdings nicht das Problem lösen, dass trotz zugesagter Plätze für syrische Flüchtlinge nur wenige legal einreisen können. Selbst wenn wie in den Landesprogrammen gefordert Verwandte sich verpflichteten, die Kosten für ihre Aufnahme zu übernehmen, dauere es wegen Überlastung der deutschen Botschaften Monate bis zur Erteilung von Visa, so Annegret Lemken vom Migrationsdienst der Caritas in Ahaus. Vielen Flüchtlingen bleibe damit nur der gefährliche illegale Weg über das Mittelmeer oder die griechische Grenze.
Dann, so Dieter Homann, könne es wie neulich passieren, dass plötzlich ein kranker Mann von Schleppern vor der Tür abgesetzt werde, der als einziges deutsches Wort "Asyl" sagen könne und erst einmal ins Krankenhaus gebracht werden musste. Danach werde für ihn eine lange Wartezeit folgen, ob er anerkannt werde. Derzeit, so berichteten die Mitarbeitenden, würden noch die Asylersuchen aus 2012 abgearbeitet.
Asylbewerber müssen bis zur Entscheidung ihres Antrags weiterhin viele Nachteile wie Arbeitsverbot oder keinen Anspruch auf Sprachkurs in Kauf nehmen. Heinz-Josef Kessmann bedauerte, dass die Caritas sich mit ihrer Forderung nach einer Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht habe durchsetzen können. Nach wie vor solle es bei der reinen Notversorgung im Krankheitsfall bleiben. Zumindest für die Kinder müsse man aber die üblichen Gesundheitsleistungen gewähren, damit sie auch an den Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen könnten, forderte Kessmann.
Zwar müssen Asylbewerber künftig Leistungen auf dem Niveau des Arbeitslosengeldes II erhalten, aber nach wie vor würden viele Kommunen im nördlichen Kreis Borken einen Teil davon in Gutscheinen auszahlen. Damit könnten sie aber nicht alles bekommen und sie auch nicht immer in den günstigsten Geschäften einlösen, berichtete Maria Revers vom Migrationsdienst in Gronau.
Trotz der zusätzlichen Belastungen durch viele neue Einzelfälle bereiten die Caritas-Mitarbeitenden derzeit zwei Projekte vor, um eine ehrenamtliche Begleitung der Flüchtlinge und ihrer Kinder aufzubauen. Vor allem sollen sie beim Erlernen der deutschen Sprache und den Besonderheiten der deutschen Kultur im Alltag unterstützt werden.
093-2014 (hgw) 16. September 2014
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