Münster (cpm). Wenn Inklusion in der Erziehungshilfe gelingen soll, muss sich nicht nur die Gesellschaft öffnen. Jeder einzelne Mitarbeitende müsse sich fragen, ob er dazu bereit sei, mit behinderten Menschen zu arbeiten und zu leben. Hier sieht Norbert Dörnhoff , Leiter des Caritas-Kinderheims in Rheine, auch ein Problem auf höherer Ebene: "Leben die Entscheider eigentlich in inklusiven Bezügen oder entscheiden sie nur über andere Menschen?", fragte Dörnhoff auf der Fachkonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Erziehungshilfen (AGE) in der Caritas der Diözese Münster. Es sei auch durchaus nicht so, dass alle Eltern und alle Menschen mit Behinderungen Inklusion wollten. Zumal sie in der Praxis nicht selten zu Ausgrenzung führe.
Schwierig gestalte sich die Rückkehr von der Förder- in die Regelschule vor allem für Jugendliche mit sozial-emotionalen Problemen: "Wo sie vorher rausgeflogen sind, kommen sie jetzt zurück, aber zu geringeren Fördermöglichkeiten", kritisierte Dörnhoff. Die Erziehungshilfen der Caritas setzten sich seit langem für eine weitgehende Inklusion der betreuten Kinder und Jugendlichen ein und seien dabei auch gut vorangekommen. Aber es bleibe eine große Aufgabe und es dürften nicht die Grenzen übersehen werden. Dörnhoff forderte, hier keine Experimente mit Kindern zu veranstalten.
Insbesondere die von den Erziehungshilfen betreuten Schüler mit sozialen Auffälligkeiten würden vergleichsweise häufig in den Klassen ausgegrenzt und gemobbt. Sie seien eher schwieriger zu integrieren als Jugendliche mit körperlicher oder geistiger Behinderung, weil nicht sie das Problem hätten, sondern ihre Umwelt mit ihnen.
Wenn Inklusion gelingen solle, dann müsse sich der Einzelne bewusst dafür entscheiden und sich dauerhaft darum bemühen, so Dörnhoff. Es werde nicht über eine Verordnung gelingen, sondern für beide Seiten müsse sich ein persönlicher Gewinn ergeben. Voraussetzung sei zudem die Beteiligung.
Angesichts vieler Warnungen von Fachleuten und ersten Erfahrungen mit der Umsetzung von Inklusion müsse gefordert werden, dass das Lehrer-Schüler-Verhältnis nicht verschlechtert werden dürfe. Wenn Inklusion gelingen solle, koste das mehr.
012/2014 4. Februar 2014