"Für große Aktivitäten fehlt von Armut betroffenen Eltern häufig das Geld", berichtet Deniz Ost von der Caritas Dinslaken-Wesel von ihrer Arbeit.
Neben ihr gaben zwölf weitere Mitarbeitende der Caritas im Bistum Münster 65 Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen am 4. August in einem Speed-Dating Einblicke in die Arbeit mit Menschen, die von Armut betroffen sind. In Kleingruppen ging es unter anderem um Armut in Familien und Auswirkungen auf die Kinder - oder darum, inwiefern Sozialleistungsbezug oder Flucht zu Armut führen können.
Initiiert wurde die digitale Veranstaltung vom Cusanuswerk, dem Begabtenförderungswerk der katholischen Kirche. Mit einem Caritas-Tag endete die zweiwöchige Sommerakademie unter dem Motto "Ende der Armut? Eine globale Perspektive".
Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes Eva Maria Welskop-Deffaa, selbst ehemalige Cusanus-Stipendiatin, begrüßte den Blick auf Armut vor der eigenen Haustür zum Ende der Veranstaltungsreihe. Sie regte unter anderem dazu an, gesellschaftliche Stereotypen in Frage zu stellen: "In unserer Leistungsgesellschaft gelten Reichtum und gutes Einkommen als Lohn des Fleißes - so entsteht leicht das Bild, Armut sei Lohn der Faulheit - davor warne ich dringend", sagte die Präsidentin und erinnerte an viele Armutsbetroffene, die zu einem geringen Stundenlohn arbeiten. Heinz-Josef Kessmann, ehemaliger Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Münster, betonte: "Wir haben von unserem Chef, also von Jesus, gelernt, dass es nicht nur darum geht, Armut zu bekämpfen, in dem wir dem Einzelnen die Not lindern. Es geht auch darum, gesellschaftliche Verhältnisse zu ändern."
Deutlich werde das am Beispiel von Lebensmittel-Tafeln. "Eigentlich wären die Tafeln am besten gar nicht da", so Kessmann. Natürlich seien sie aktuell eine unerlässliche und wichtige Hilfe für von Armut betroffene Menschen. Der Missstand läge aber darin, dass in einem hochentwickelten Land wie Deutschland, Hilfsangebote wie Tafeln zur Versorgung mit Lebensmitteln notwendig sind.
"Dieses Beispiel hat mich besonders bewegt", sagte Cusanus-Stipendiatin Caroline Breit im Rückblick auf das Caritas-Speed-Dating. Die 22-jährige Bachelor-Absolventin der Studienfächer Philosophie, Politik und Wirtschaft habe der Perspektivwechsel beflügelt: "Ich kann globale Armut nicht beenden, aber ich kann mich einbringen."
Sie und ihre Mitstipendiatinnen und Mitstipendiaten gehören zu den besten zehn Prozent ihres Faches bundesweit. Caroline Breit hat der Caritas-Tag Denkanstöße mit auf ihren Weg gegeben. Für die berufliche Zukunft sei es hilfreich, die konkreten Sorgen, Nöte und Hintergründe von Menschen, die von Armut betroffen sind, im Blick zu haben.
Vielleicht ermöglicht dieses Bewusstsein den Jungen und Mädchen im Caritas-Kindergarten in Dinslaken und darüber hinaus, in Zukunft wieder von tollen Wochenenderlebnissen berichten zu können.
Der Diözesancaritasverband Münster vertritt und berät mit seinen rund 160 Mitarbeitenden in der Geschäftsstelle in Münster über 50 örtliche Verbände und rund 400 katholische Einrichtungen, in denen 80.000 Hauptamtliche und 30.000 Ehrenamtliche tätig sind. Er zählt damit zu den größten Diözesanverbänden in Deutschland.
065-2022 (bü) 9. August 2022