März 2021 - Frühjahrsbefreiung
Vor Kurzem sprach ich mit einem Freund über seine kriselnde Beziehung. Mit leicht entrücktem Blick erwischten mich seine unverhofft weisen Worten: "Nicht alles, was man verliert, ist ein Verlust".
Als ich auf dem Rückweg mit meinem Rad durch die Dunkelheit fuhr, kreiste dieser Satz in meinem Kopf. Wie oft hält man an etwas fest, was einem eigentlich kein gutes Gefühl bereitet? Und warum eigentlich?
Das Regal von Oma Berta, an dem man sich jeden Tag den kleinen Zeh stößt, bleibt unhinterfragt stehen. Dabei ist Rostbraun weit entfernt von den Top 50 der eigenen Lieblingsfarben. Und wie ist es mit der Freundin, die sich nur dann meldet, wenn sie selbst ein Problem hat - eine Beziehung als Einbahnstraße? Klar, es würde einige Courage erfordern, ihr zu sagen, dass diese Freundschaft in der Form keine mehr ist. Aber wäre es nicht auch eine Befreiung?
Vielleicht ist es die Gewohnheit, die uns hadern lässt. Sich in unbekannte Situationen zu begeben, fühlt sich ähnlich unbehaglich an, wie die ersten fünf Minuten in einem kalten Schwimmbecken. Manchmal hält uns sicher auch fehlender Mut davon ab, uns von Hassgeliebtem zu befreien.
Viele andere große Fragestellungen beschäftigen uns aktuell. Oft haben wir wenig Einfluss auf die Umstände - da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Die gute Nachricht ist aber: Ob wir Oma Bertas Regal behalten oder uns ohne Groll aber selbstbestimmt von der "Freundin" verabschieden - das haben wir in der Hand.
Frühjahr, Freiheit, Neubeginn. Eine gute Zeit, um sich von Bauchschmerzen-Verursachenden Gewohnheiten zu trennen, die dann eben tatsächlich kein Verlust sind.
Juliane Büker
Caritasverband für die Diözese Münster