Clara Hellraeth: Die Frau der ersten Stunde
Gutbürgerlich kann man ihre Herkunft nennen. 1865 wurde sie als älteste von vier Töchtern des Ochtruper Textilindustriellen Laurenz geboren und heiratete den Justizrat Hermann Hellraeth, mit dem sie 1900 nach Münster zog.
Sie führte den Haushalt standesgerecht, öffnete das große Haus an der Fürstenbergstraße "der vornehmen Gesellschaft", wie es heißt, und bekam vier Kinder. Ihr soziales Engagement kam überraschend. Die Arbeit des KFV war ihr nicht bekannt, bis Domkapitular Hermann Rüping sie ansprach. Er hatte sie gleich als Vorsitzende der neuen Ortsgruppe des KFV ausersehen und dies auch schon mit ihrem Mann besprochen. Clara Hellraeth war erschrocken, traute sich das nicht zu. Wurde dann aber ab 1903 über Jahrzehnte bis zu ihrem Tod 1942 der Motor des Katholischen Fürsorgevereins in der Diözese, der zu einem der aktivsten bundesweit wurde.
Agnes Neuhaus, Begründerin des KFV, nahm Clara Hellraeth und ihre Mitstreiterinnen vor allem am Anfang an die Hand. Auf der Geschlechtskrankenstation des Clemens-Hospitals, die sie zusammen besuchten, lernte Hellraeth ein junges "bedauernswertes Opfer der furchtbaren Krankheit" kennen, für die sie die Vormundschaft übernahm.
Die Einsatz des KFV unter anderem für ledige Mütter blieb allerdings vor dem Hintergrund der damaligen moralischen Vorstellungen nicht ohne Kritik. Es werde dem "Laster" Vorschub geleistet warfen Kritiker Hellraeth und ihren Mitstreiterinnen vor. Ganz gefeit vor diesen Einstellungen war sie selbst nicht. Um die "schwer gefallenen" und "verwahrlosten" Mädchen und Frauen der "Außenwelt" zu entziehen, gründete Clara Hellraeth Anfang der 1920 Jahre das Anna-Katharinen-Stift einige Kilometer vor den Toren von Dülmen, heute ist es eine Behinderteneinrichtung in Trägerschaft des SKF-Gesamtvereins.
Das starke Engagement und die vielfältigen Erfahrungen in der sozialen Arbeit legten es nahe, dass Clara Hellraeth die Gründung des Caritasverbandes für die Diözese Münster mit vorantrieb. Sie arbeitete mit im Geschäftsführenden Vorstand und war das einzige weibliche Mitglied im ersten Vorstand.
Clara Hellraeth nahm ihre caritativen Aufgaben trotz aller gesellschaftlichen Verpflichtungen und ihrer Rolle als Mutter voll an. Unterstützt wurde sie von ihrem Mann, der selbst 1924 den Sozialdienst Katholischer Männer im Bistum Münster gründete. Über fast 40 Jahre baute sie auch dank organisatorischem Geschick den KFV bis auf 79 Ortsgruppen in 1933 auf. Ab dann schränkten die Nationalsozialisten die Aktivitäten ein, übernahmen Einrichtungen und Dienste. Im Krieg wurde nicht nur 1941 das Vereinsbüro mit allen Unterlagen zerstört, sondern auch unter anderem das Antoniusstift und das Gertrudenhaus in Münster. Wohl auch diese Rückschläge griffen Clara Hellraeths Gesundheit mit an. 1942 starb sie auf ihrem Landgut Waldhof bei Burgsteinfurt, auf das sie sich zuletzt zurückgezogen hatte.
Harald Westbeld %3