Die Jungenarbeiterin Susanne Reitemeier-Lohaus und ihr Kollege Selim Asar erkennen, dass die Integration geflüchteter junger Menschen oft durch negative Stereotype erschwert wird. Lisa Uekötter
Die Arbeit mit den überwiegend männlichen, jungen Flüchtlingen stellt die Sozialpädagogen in der Kinder- und Jugendhilfe vor Herausforderungen. Der Caritasverband für die Diözese Münster hat jetzt in Kooperation mit der Landesarbeitsgemeinschaft Jungenarbeit in NRW den Fachtag „Männlichkeiten im Kontext von Flucht und Migration“ veranstaltet, zu dem rund 80 Teilnehmer kamen.
Nicht immer sei die Integration einfach, sagt die Jungenarbeiterin Susanne Reitemeier-Lohaus. Es herrsche ein medial überspitztes Bild vom jungen, männlichen Geflüchteten. Vor allem die Vorfälle der Silvesternacht 2015 hätten das Bild des "dunkelhäutigen, gefährlichen, fremden Mannes" verstärkt. Zu Unrecht, wie Reitemeier-Lohaus sagt: "Es gibt nicht den Geflüchteten", warnt sie vor Stigmatisierungen.
Die Frau in der Jungenarbeit lenkt ein, dass es zwar kulturelle Frauenfeindlichkeit gebe, aber diese nicht pauschal auf alle Geflüchteten übertragbar sei. Die jungen Männer haben unterschiedliche Herkunftsländer, sind anders aufgewachsen. Auch innerhalb eines Landes wie beispielsweise Syrien gebe es deutliche kulturelle Unterschiede. Den jungen Mann auf der einen Seite anzuerkennen und auf der anderen Seite einzelne seiner Haltungen klar zurückzuweisen, sei eine der Herausforderungen für die Fachkräfte.
In ihren Zukunftsplänen und -wünschen unterscheiden sich die männlichen 16- bis 17-Jährigen nicht von Gleichaltrigen, die in Deutschland geboren wurden. Sie möchten eine Ausbildung machen oder studieren, Freundschaften schließen, sich eine Existenz aufbauen und Familie gründen. Aber in einer ohnehin schon schwierigen Entwicklungsphase haben sie mit den Folgen der Flucht zu kämpfen und müssen sich ohne familiäre Unterstützung in einem neuen Land zurechtfinden. Einige verfielen als Folge in eine Art Ohnmacht, andere suchten Sicherheit im traditionellen Männerbild, das keinen Platz für Ängste, Verletzlichkeiten oder Depressionen zulässt, berichtet Reitemeier-Lohaus.
092-2017 (lu) 27. November 2017